Oelkers' weißgewaschene Weste

■ Die Bremer Traditionswäscherei Oelkers, heute in der Waschwerk AG aufgegangen, will mit der Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen nichts zu tun haben / SchülerInnen sind enttäuscht

Die Auseinandersetzung mit der deutschen NS-Vergangenheit und der Zwangsarbeit ist für SchülerInnen des Schulzentrums Walliser Straße zu einem traurigen Lehrstück geworden. Ihre Versuche, Vertreter der heutigen Bremer Wäscherei Oelkers zu Entschädigungs-zahlungen zu bewegen, sind erfolglos geblieben. „Ich hätte erwartet, dass die Leute sich wenigstens bessere Gründe ausdenken“, kommentiert der Sprecher der SchülerInnen, Marcus Schlickried, ein immerhin 45-minütiges Gespräch mit der Firmenleitung. Dabei hatte Chef Andreas Manig kürzlich geäußert: „Ich finde das ja in Ordnung, dass man darüber nachdenkt, einen Fonds zu gründen. Aber es ist 50 Jahre zu spät.“ Besonders betroffen macht die SchülerInnen, dass eine der ehemaligen ZwangsarbeiterInnen der Wäscherei Oelkers sogar namentlich bekannt ist.

Olga Schulimowa war 1942 nach Bremen verschleppt worden. Als Ukrainerin gehörte sie zur größten Gruppe der ZwangsarbeiterInnen in Bremen. 1943 bis 1945 arbeitete sie nachweislich bei der Wäscherei Oelkers. Dass sie noch lebt, wurde bekannt, nachdem die heute 76-Jährige sich ans Staatsarchiv gewendet hatte. In der heutigen Wäscherei Oelkers, seit kurzem eine Gesellschafterin der Waschwerk AG, will man von Entschädigung dennoch nichts wissen.

„Ich wusste nicht einmal, dass Oelkers überhaupt Zwangsarbeiter hatte“, sagte Andreas Manig noch kürzlich. „Das war bei uns nie Thema.“ Erst auf Nachfrage habe sein Vater ihm mitgeteilt, dass Oelkers Zwangsarbeiter beschäftigte. „Aber ich bin 20 Jahre nach dem Krieg geboren“, sagt Manig. Überdies habe seine Firma mit den aus seiner Sicht wohl eher betroffenen Oelkers von der Johann Heinrich Oelkers Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG nichts zu tun.

Obwohl Manig ein Großneffe von Oelkers ist und sich auch gerne mal neben dem Firmenlogo von 1955 filmen lässt, beharrt sein Sprecher Roland Malberg: „Den Namen der Wäscherei Oelkers und die Maschinen hat Manigs Vater, Hans Otto, 1973 von der Oelkers Verwaltungsgesellschaft gekauft, wo er selbst früher Mitarbeiter war.“ Mehr habe man mit dem Unternehmen Oelkers nicht zu tun, das als Familienunternehmen in den 30er Jahren bestand. Die SchülerInnen sollten sich besser dorthin wenden. „Wie würden Sie das finden, wenn Sie einen Gebrauchtwagen kaufen und plötzlich kommt jemand, der bei einem früheren Unfall mit dem Wagen geschädigt wurde, von dem sie nichts wissen, und verlangt von Ihnen Entschädigung?“ Er sehe sich „absolut nicht in der Rechtsnachfolge“, geschweige denn in der persönlichen Verantwortung, so Manig.

Zwangsarbeit – ein Unfall der Geschichte? Den SchülerInnen ist eine solche Sicht fremd. Sie haben sich im Kurs „Darstellendes Spiel“ in das Leben des 15-jährigen Walerjan Wrobel hineingedacht, der in Bremen zum Tode verurteilt wurde, nachdem er die Scheune „seines Bauern“ aus Heimweh angezündet hatte – hoffend, nun würde er nach Hause geschickt. Bei der Aufführung ihres Stückes über Walerjan im März (taz berichtete) sammelten sie 235 Mark, die sie für Oelkers an die Waschwerk AG überwiesen haben – mit der „Auflage“, das Geld weiter an die Stiftungsinitiative zu überweisen. Das lehnt Oelkers intern ab. Jetzt heißt es zudem: „Bei uns ist das Geld nicht angekommen.“ Wohl aber ein Brief der SchülerInnen. „Wir fordern Sie auf, dieses Geld Frau Olga Schulimowa zur Verfügung zu stellen und darüber hinaus auch Ihren Beitrag zu leisten“, steht darin. Mindestens solle das Geld an den Verein Walerjan Wrobel gehen. „Ohne jeden Absender“, empört sich Sprecher Malberg darüber, wie die SchülerInnen die Firma behandeln.

Der Verein Walerjan Wrobel erhält derweil monatlich immer noch rund hundert Anfragen von ehemaligen ZwangsarbeiterInnen, die Rat und Hilfe suchen – in der Hoffnung, die Auszahlung einer viel zu späten Entschädigung noch zu erleben. burro