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Attentat nach Annäherung

Ein Selbstmordanschlag in Israel fordert Tote und Verletzte. Die Regierung macht die palästinensische Autonomiebehörde dafür verantwortlich. Am Wochenende hatte es ein gemeinsames Sicherheitstreffen zur Beendigung der Gewalt gegeben

JERUSALEM afp/rtr ■ Ein Selbstmordattentat hat am Sonntag den Bemühungen von Israelis und Palästinensern um eine vorsichtige Annäherung einen schweren Schlag versetzt. Bei der Explosion in der israelischen Stadt Kfar Saba in der Nähe des Westjordanlandes starben zwei Menschen, darunter der Attentäter. 39 Menschen wurden verletzt. Israel gab der palästinensischen Autonomiebehörde die Schuld an dem Anschlag. Der Attentäter zündete den Sprengsatz in einer Gruppe von Menschen, die an einer Bushaltestelle warteten. Am Vorabend hatten Israelis und Palästinenser bei Sicherheitsgesprächen am Kontrollpunkt Eres vereinbart, gemeinsam gegen die Gewalt vorzugehen.

„Durch die Wucht der Explosion wurden Fahrgäste durch die Fenster des Busses geschleudert“, berichtete ein Augenzeuge, der neben der Bushaltestelle im Stadtzentrum von Kfar Saba wohnt. Der Ort der Explosion war nach Augenzeugenberichten mit rostigen Nägeln, Glassplittern und Blutflecken übersät. Menschliche Gliedmaßen hätten auf den Motorhauben parkender Autos gelegen.

Der getötete Fahrgast war nach einem Bericht des israelischen Militärrundfunks ein 53 Jahre alter Mann, der mit dem Bus ins 20 Kilometer entfernte Tel Aviv fahren wollte. Kfar Saba liegt nur wenige hundert Meter von der palästinensischen Stadt Kalkilija im Westjordanland entfernt und war erst vor einer Woche Ziel eines Attentats, bei dem ein Mensch verletzt wurde.

Israel reagierte auf den Anschlag umgehend mit schweren Schuldzuweisungen an die politische Führung der Palästinenser. Die Autonomiebehörde und ihre Sicherheitskräfte seien „vollauf verantwortlich für das, was passiert“, sagte der israelische Regierungssprecher Raanan Gissin. Er beschuldigte die palästinensische Führung, „terroristische Aktivitäten“ zu unterstützen. „Die Verantwortlichen werden den Preis dafür bezahlen“, drohte Gissin. Der Vorsitzende der linksliberalen israelischen Oppositionspartei Meretz, Jossi Sarid, verschob wegen des Attentats ein für Sonntag geplantes Treffen mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat.

Die Palästinenserführung wies die Anschuldigungen der israelischen Regierung zurück. „Die Autonomiebehörde lehnt Gewaltakte gegen Zivilisten ab“, sagte Tajeb Abdelrahim vom palästinensischen Präsidialamt. Er verurteilte den Anschlag von Kfar Saba aber nicht ausdrücklich.

Die radikalislamische Hamas-Bewegung rief zur Fortsetzung des seit Ende September anhaltenden Palästinenser-Aufstands auf. Ein Sprecher sagte, die Palästinenser hätten das Recht, sich gegen die israelische Besatzung zu wehren.

Nach zwei ergebnislosen Gesprächsrunden Anfang April hatten sich Vertreter Israels und der Palästinenser bei einem neuerlichen Sicherheitstreffen am Samstagabend auf eine Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen und auf gemeinsame Maßnahmen zur Beendigung der Gewalt geeinigt, wie ein israelischer Regierungssprecher nach dem dreistündigen Treffen mitteilte. Die Vertreter beider Seiten hätten in einer „positiven und ernsthaften Atmosphäre“ miteinander gesprochen. Der palästinensische Unterhändler Abdelrasek al-Madschaida kritisierte aber, dass Israel nur „unzureichend“ auf die palästinensischen Proteste gegen die jüngsten Verletzungen der Autonomieabkommen eingegangen sei.

In der Nähe von Ramallah im Westjordanland wurde nach isralischen Polizeiangaben vom Sonntag die Leiche eines offenbar misshandelten Israeli entdeckt. Die israelische Polizei schrieb den Palästinensern den Mord zu. Ein palästinensischer Polizist starb am Sonntag nach Krankenhausangaben in Gaza. Er war in der vergangenen Woche bei der israelischen Bombardierung des Gaza-Streifens schwer verletzt worden.

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