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Lehrer lassen spitzeln

■ Ombudsfrau legt zweiten Jahresbericht über Konflikte an Schulen vor

Alltag an Hamburgs Schulen: Lehrer, die Klassensprecher über die Freizeitgewohnheiten ihrer Mitschüler ausquetschen, die sich in die Wahl von Schulsprechern einmischen oder Klassensprecher vor der Klasse lächerlich machen. Nur drei Beispiele von Konflikten, die die Ombudsfrau Barbara Beutner in ihrem zweiten Jahresbericht dokumentiert und über die sie schreibt: „Insgesamt haben zahlreiche Schüler, Eltern sowie Lehrer in Gesprächen darauf hingewiesen, dass die aufgeführten Beispiele zum allgemeinen Schulalltag gehören.“

Meistens geht es um den schwierigen Umgang mit Macht und Abhängigkeiten, wenn Konflikte zwischen Schülern und Lehrern so groß werden, dass der einzige Ausweg zur Ombudsfrau führt. In dem Bericht ist die Rede von Lehrern, die ihre Pflichten nicht kennen und Schülern, die sich unter Druck gesetzt oder behindert fühlen.

Die Schulbehörde hat die Stelle der Ombudsfrau 1999 nach den Schülerprotesten eingesetzt – auf Initiative der SchülerInnenkammer Hamburg. Die „Schiedsfrau“ soll bei Konflikten zwischen Schülervertretern und Schule beraten und vermitteln. Zwischen März 2000 und März 2001 hatte sie 43 Fälle zu bearbeiten, im Jahr davor 39. Beutner weist darauf hin, dass das nur wenig klingt, denn es „darf nicht übersehen werden, dass hinter jeder Anfrage Schülerinnen und Schüler einer Klasse, bzw. einer ganzen Schulstufe oder Schule stehen“.

Ratschläge von Lehrern zur Konfliktlösung seien häufig inte-ressengeleitet, und mehrmals hätten Klassensprecher gemeldet, dass Lehrer keine Kritik an ihrer Arbeit zuließen und gegenüber der Schulleitung die Schüler als Lügner hinstellten. Beutner hält es für nötig, Wege zu finden, dass alle Lehrer und Schulleitungen die Mitwirkungsrechte der Schülervertretungen kennen und beachten. Sie schlägt vor, dass jede Schule zu Beginn eines Schuljahres die Grundzüge demokratischen Zusammenlebens thematisieren sollte.

Die SchülerInnenkammer Hamburg vermutet in den erwähnten Beispielen „nur die Spitze des Eisbergs“ und sieht „Demokratiedefizite an Hamburgs Schulen“. Denn: „Gerade weil Schule den Anspruch hat, zu demokratischer Teilhabe zu erziehen, stimmen die aufgezeigten Fälle bedenklich.“ san

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