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Ohne Ordnung kein Gemeinnutz

Die Unions-Innenminister wollen den Umweltverbänden Robin Wood und Greenpeace wegen der Anti-Castor-Proteste die Gemeinnützigkeit aberkennen lassen. In juristischer Hinsicht haben sie dabei offenbar gar nicht so schlechte Karten

von MATTHIAS URBACH

Obwohl es nur ein Randthema auf dem gestrigen Treffen der Unions-Innenminister war, war man sich einig. Für seinen Vorstoß, die Gemeinnützigkeit von Robin Wood und Greenpeace anzugreifen, bekam der Bremer Innensenator Bernt Schulte (CDU) volle Unterstützung seiner acht Länderkollegen.

Schulte beteuerte anschließend zwar, es sei „nicht Intention, den Organisationen an den Karren zu fahren“. Doch auf Nachfrage erklärt er kühn, dass die Auseinandersetzungen bei den Atomtransporten in Gorleben „ja auch wirklich so eine Art Bürgerkrieg waren“.

Bereits Ende März hatte Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) die Berichte der niedersächsischen Polizei über das Verhalten von Robin Wood angefordert. Robin-Wood-Aktivisten waren vor allem durch eine spektakuläre Ankettung an im Gleisbett verankerten Betonpfählen aufgefallen, Greenpeacler hatten sich unter einer Eisenbahnbrücke angehängt.

Für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit sind die Finanzämter zuständig. Während Robin Wood steuerlich im Finanzamt Bremen-Mitte geführt wird, wird Greenpeace im Finanzamt Hamburg-Mitte-Altstadt bearbeitet. Dort ist die politische Führung entspannter. „Die Prüfung ist ein Verwaltungsakt, keine politische Frage“, sagt Renate Mitterhuber, Sprecherin der SPD-geführten Finanzbehörde Hamburg, der taz. „Dabei wollen wir es belassen.“ Auch der sozialdemokratische Koalitionspartner in Bremen gibt sich zurückhaltend. Im Senat sei der Vorstoß kein Thema gewesen, heißt es aus der Senatskanzlei. Die Frage sei allein nach „juristischen Gesichtspunkten zu würdigen“.

Doch so schlecht ist die Position der Union nicht. Sie stützt sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes von 1984: Danach kann ein Verein die Gemeinnützigkeit verlieren, wenn er sich nicht an die „verfassungsmäßige Ordnung“ hält. Und die werde „schon mit der Ankündigung von gewaltfreiem Widerstand und der Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen“.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem berühmten Blockadeurteil von 1995 zumindest Sitzblockaden nicht automatisch als Straftat bewertet. Kurz darauf hat dasselbe Gericht aber ein Demonstrationsrecht auf Schienen ausgeschlossen.

„16 Jahre Kohl haben wir überstanden und nun das“, klagt Djoeke Lueken, Geschäftsführerin von Robin Wood. „Dabei haben wir nicht mehr als eine Bahnschwelle beschädigt.“ Die Politiker wollten „auf bürokratischem Wege kalte Rache“ nehmen. „Wir machen seit 20 Jahren die gleichen Aktionsformen“, wundert sich auch Greenpeace-Sprecher Stefan Krug, „wir sind ja nicht unkalkulierbar.“ Unkalkulierbar seien die finanziellen Risiken. „Das könnte sogar Greenpeace International gefährden.“

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