Vier Stunden Warten für einen Stempel

■ Ein Bürgerschafts-Ausschuss ärgert sich über das Ausländeramt

Lange Schlangen, frustrierte Mitarbeiter, Absperrgitter, aggressive Stimmung. Der Gang zum Ausländeramt – in Bremen ein Behördengang der besonders abschreckenden Art. Das findet jetzt auch der Bürgerschafts-Ausschuss „Ausländerangelegenheiten“, der das Amt in der Pfalzburger Straße demnächst besichtigen wird. Ausschuss-Mitglied Selcuk Akkas von der Deutsch-Türkischen Gesellschaft war notgedrungen schon öfters da, bevor er die deutsche Staatsangehörigkeit annahm: „Für einen Stempel wartet man hier glatt vier Stunden. Fast ein ganzer Arbeitstag ist futsch. Da fühl ich mich als Bürger zweiter Klasse“, ärgert sich der gebürtige Türke.

„Wenn jeweils Schalter für EU-Bürger, Ausländer, die 20 und solche, die 30 Jahre hier sind, eingerichtet werden, schafft man erst recht eine Klassengesellschaft“, entgegnet Marita Wessel-Niepel vom Innensenat, die den Ausschuss gestern über die Reorganisation der Ausländerabteilung im Stadtamt informierte.

Es seit nicht alles schlecht im Ausländeramt: Die neue Leiterin Peggy Xyländer müsse sich noch einarbeiten. Seit der Einführung der neuen Datenverarbeitungsanlage hätten sich viele Arbeitsabläufe vereinfacht. Außerdem helfe die Polizei inzwischen dabei, Personalengpässe in der sogenannten Abschiebegruppe auszugleichen. Wessel-Niepel: „Dennoch ist es schwer, Stellen zu besetzen.“

Der Ausländerbeauftragten Dagmar Lill ist die Situation seit zehn Jahren ein Dorn im Auge: „Wir bekommen viele entsetzte Anrufe. Auch von Deutschen. Sie können sich nicht vorstellen, dass es in Bremen noch solche Zustände gibt.“ Matthias Güldner, Fraktionsvize der Grünen, bringt es auf den Punkt: „Ein Besuch in diesem Amt wirkt auf viele wie eine Abschreckungsmaßnahme, weiter in Deutschland zu leben.“ Den „Elite“-Studenten und -Professoren der International University, die natürlich auch eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, könnte Bremen so ein Amt erst recht nicht zumuten. „In vielen Fällen erschweren Abschiebungshindernisse die Arbeit“, erzählt Frau Wessel-Niepel. „Es ist zum Beispiel schwer, Migranten ohne Pass abzuschieben, wenn sie heute sagen, sie kommen aus Nigeria und morgen, sie sind aus Somalia.“

Vielen Ausschuss-Mitgliedern genügte das nicht: „Natürlich sollen die Besucher nicht alles auf dem Silbertablett serviert bekommen“, sagte Güldner. „Das Ausländeramt soll nur normal arbeiten. Besonders viel Bürgerfreundlichkeit verlangt schon lange niemand mehr.“ ksc