piwik no script img

Neuer alter Kurs?

Bush hat sich klar ausgedrückt. Aber hat er etwas Neues gesagt? In den USA sind sich die Experten nicht einig

BERLIN taz ■ Es war kein erneuter Versprecher von Präsident George W. Bush. Das zumindest versicherte seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Gleichzeitig betonte sie aber, dass Bushs Äußerungen kein Politikwechsel sei. Was es dann bedeutet, wenn der amerikanische Präsident deutlich sagt, er würde Taiwan gegen China mit allen Mitteln unterstützen, wird in den USA unterschiedlich ausgelegt.

Bisher galt die Politik der „strategischen Zweideutigkeit“: Die USA wollen den Frieden dadurch sichern, dass sowohl China als auch Taiwan im Unklaren gelassen werden, wie sich die Amerikaner im Fall der Fälle einmischen würden. Von Richard Nixon bis Bill Clinton hat das funktioniert. Zu groß war bisher die Befürchtung, die Taiwaner würden es auf einen ernsthaften Konflikt ankommen lassen, könnten sie sich der militärischen Unterstützung durch die USA sicher sein.

Bush ist jetzt der Erste, der eine klare Sprache spricht. Sowohl demokratische als auch republikanische Abgeordnete rätseln nun, ob er sich vielleicht einfach unbeabsichtigt im Ton vergriffen hat. Wie die New York Times schreibt, hörte sich das nicht nach den vorsichtigen Worten eines amerikanischen Präsidenten an – sondern genau wie das, was der Kandidat George W. Bush im Wahlkampf gesagt hat. Seine Äußerungen passen auch zu dem, was vier seiner Kabinettsmitglieder, darunter Vizepräsident Dick Cheney, 1999 in einem Brief forderten: diese „strategische Zweideutigkeit“ aufzugeben. Das zweideutige Verhalten der US-Regierung würde die Chinesen nur ermutigen und damit noch größere Probleme schaffen.

Dass diese Aussage aber trotzdem kein Politikwechsel ist, bestätigte auch der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer. Bush sage damit nur das, was auch im Gesetz über die Beziehungen zu Taiwan von 1979 stehe. Dem widersprechen nicht nur demokratische Politiker. Jurist Jerome A. Cohen, Experte für China, sprach in der Washington Post davon, dass dieses Gesetz nicht unbedingt einen militärischen Verteidigung Taiwans von Seiten der USA vorsehe. Und genau das hat Bush versprochen.

ULRIKE KLODE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen