Agrarreform finanzieren

Auch als Anleger kann man sich an Erzeugung und Vermarktung gesunder Lebensmittel beteiligen. Viele Naturkostfirmen bieten Möglichkeiten des Investments. Oder mieten Sie doch mal ein Huhn

Salat aus natürlich gedüngtem Boden, ungespritztes Obst, Fleisch von nicht übermästeten Tieren – die Produktpalette aus ökologischem Anbau findet immer mehr Abnehmer, seit die BSE-Krise wieder aktuell ist. Um 50 Prozent stieg die Nachfrage nach Schweine- und Geflügelfleisch, nach Eiern, Obst und Gemüse seit letzten November allein bei den 3.700 Bauern im Bioland-Bundesverband. Der Umsatz in den Ökoläden ist teilweise um 80 Prozent hochgeklettert. Aber nicht nur mit dem Einkauf der Produkte, auch mit dem Erwerb von Firmenanteilen und Aktien können Verbraucher Ökolebensmittel unterstützen – und eventuell sogar, je nach Kursentwicklung, am Bioboom teilhaben.

Als „Bio-Aktie“ kann zum Beispiel die Aktie der Rapunzel Naturkost Aktiengesellschaft (Wertpapierkennummer [WKN]: 700 220) im süddeutschen Legau gelten. Das bereits 1975 gegründete Unternehmen ist einer der größten Naturkosthersteller und -vermarkter in Deutschland. Das Sortiment umfasst inzwischen mehr als 300 Markenprodukte. Die Tätigkeit als Großhandel für Naturkostläden begann 1979 und ist auch noch heute das Hauptstandbein der Firma. Seit 1990 ist das Unternehmen eine AG. Der Kurs der Aktie liegt derzeit meist bei 5 bis 6 Euro. „Unser Umsatzwachstum von zwölf Prozent jährlich beweist den Boom in unserer Branche“, beschreibt Gerhard Fenzl von Rapunzel die derzeitige Geschäftslage. Doch neue Anleger hat das bisher nicht angelockt. Die Aktie wird bei außerbörslichen Aktienhändlern gelistet, zum Beispiel bei der Ahag AG in Lünen und der Valora Effekten Handel AG in Ettlingen. Es findet also kein Börsenhandel statt. Das bedeutet für Aktienkäufer: Es könnte einige Wochen dauern, bis sie ihre Aktien wieder verkaufen können.

Die Oekoland AG, Hamm, betreibt einen Naturkost-Discounter in Düsseldorf. Die erhöhte Nachfrage nach gesunder Nahrung bringt auch Schwung in dieses Geschäft. Noch in diesem Jahr sollen drei neue Filialen in Hannover, Köln und Dortmund oder Essen eröffnet werden. Oekoland erhöht zurzeit das Eigenkapital und gibt neue Aktien für 1,70 Euro heraus. Sie werden von der UmweltFinanz in Berlin vermittelt, die sich auf grüne Neuemissionen spezialisiert hat. Bei der Oekoland AG hat sich der Bioboom bereits bemerkbar gemacht: „Wir haben eine so starke Nachfrage nach Aktien, dass wir gerade die zweite Kapitalerhöhung vornehmen“, schildert der Vorstandsvorsitzende Reinhard Raffenberg die Lage. Der Wiener Börsenbrief Öko-Invest hielt die Planzahlen zur ersten Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr jedoch für zu ehrgeizig. Die neu zu eröffnenden Filialen dürften in den Anfangsjahren aufgrund hoher Investitionen rote Zahlen schreiben. Außerdem dürfte die Tatsache, dass Raffenberg Anfang der 90er-Jahre mit seinen Kommanditgesellschaften MäcBio und Raffenberg Naturfood GmbH & CoKG Schiffbruch erlitten hatte, wenig Vertrauen erwecken, urteilte Öko-Invest.

Eine Aktiengesellschaft in der Entstehung ist die Bergquell Agrar Naturprodukte Gesellschaft aus Dorstadt bei Braunschweig, bisher eine GmbH. 1993 zunächst auf den Handel mit Bioeiern spezialisiert, gibt es seit 1998 unter der Marke Bergquell Naturhöfe auch Molkereiprodukte sowie ein umfassendes Sortiment an Grundnahrungsmitteln. Die Bergquell vertreibt bundesweit 150 Artikel in kontrollierter Bioqualität an Lebensmitteleinzelhändler und große Handelsketten. Auch hier ist die Sensibilisierung der Verbraucher für gesunde Ernährung spürbar; das Unternehmen verzeichnete in diesem Jahr teilweise Umsatzsteigerungen von bis zu 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Seit Ende Januar bietet Bergquell eine stille Teilhaberschaft. Denn „die Unterkapitalisierung der Biobetriebe ist das größte Hemmnis, warum die Biobranche den Durchbruch in Deutschland noch nicht geschafft hat“, begründet Bergquell-Sprecher Nicolaus von Löbbecke diesen Schritt. Durch die Aufnahme von Gesellschaftern in Form von atypisch stillen Beteiligungen soll innerhalb der nächsten zwölf Monate das Eigenkapital des Unternehmens um rund 15 Millionen Mark steigen. Das Geld ist als Investition für Beteiligungen an Biounternehmen eingeplant. Und auch der Kauf von Wertpapieren von Bergquell wird bald möglich sein. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ist noch für dieses Jahr vorgesehen.

Die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS) in Bochum, ein anthroposophisch orientiertes Geldhaus, bietet Sparern die Möglichkeit, ihre Einlagen an einen Zweck zu binden. Beim „Grünen Konto“ gibt es unter anderem die Kategorie Naturkost/Landwirtschaft. Spareinlagen, an diesen Verwendungszweck gebunden, müssen seitens der Bank für Kredite in diesem Zusammenhang ausgegeben werden. Und auch hier macht sich ein Trend bemerkbar. Cornelia Roeckl von der GLS: „Unsere Berater merken seit Jahresbeginn, dass die Stärkung des ökologischen Landbaus ein Thema unserer Kunden ist.“

Wer ohne Aktienkauf mit wenig Geld etwas tun will, kann das, indem er beispielsweise ein Huhn mietet (www.rent-a-chicken.de). Lohn der Miete: angeblich glückliche Hühner – und viele Eier für die Mieter.

SILKE HEHNER/ECOreporter.de