: Kiep bleibt der CDU erhalten
Der Millionenbetrag vom Konto des früheren Schatzmeisters Walther Leisler Kiep bringt die CDU erneut in Verlegenheit. Parteichefin Merkel wird wegen ihres unklaren Vorgehens intern kritisiert. Derweil stellt Kiep klar: Ich bleibe in der CDU
von SEVERIN WEILAND
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte kaum deutschen Boden wieder betreten, da musste sie auch schon ihre erste Pressekonferenz zu einem aus ihrer Sicht leidigen Thema abhalten. Jene eine Million Mark, die der frühere Schatzmeister Walter Leisler Kiep der Partei überwiesen hatte, werde zunächst auf einem Sonderkonto deponiert, versicherte Merkel am Samstag in der Berliner Parteizentrale. Damit korrigierte sie den Eindruck, den CDU-Vertreter während ihrer Abwesenheit in den USA erweckt hatten. Äußerungen des CDU-Geschäftsführers Willi Haussmann waren dahingehend interpretiert worden, die CDU wolle das Geld unmittelbar als Regresszahlung Kieps benutzen.
Die CDU hatte erklären lassen, Kieps Million sei jener Anteil am Schadenersatz, den der Bundestagspräsident wegen einer Eine-Million-Mark- Spende des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber auferlegt hatte. Wolfgang Thierse hatte die CDU zu zwei Millionen Mark verurteilt. Dass das Geld von Schreiber stammt, dementiert Kiep jedoch in der heutigen Ausgabe des Spiegel. Damit brachte er die CDU erneut in eine unangenehme Lage. Folglich erklärte Merkel, sollte das Geld nicht als Schadenersatz von Seiten Kieps gedacht sein, müsse die Zahlung „moralisch neu bewertet“ werden. Vorstandsmitglied Matthias Wissmann schlug umgehend vor, das Geld für gemeinnützige Zwecke zu spenden, sollte es nicht sauber sein.
Kiep nutzte unterdessen die erneute Aufmerksamkeit der Medien, um seine Version zu streuen. Gestern Abend war er als Gast in Sabine Christiansens Talkrunde in der ARD vorgesehen. Zuvor hatte er laut Spiegel erklärt, er könne nicht ausschließen, das das Geld vom Norfolk-Konto stamme, auf dem Schwarzgelder geparkt worden waren. Kiep räumte aber ein, dass die ihm angeblich zuerteilte Summe des Norfolk-Kontos sich auf 660.000 Mark belaufen habe und durch die Zinsen auf heute rund eine Million Mark angestiegen sein könnte: „So in etwa kommt das hin.“ Das Geld des 1992 aufgelösten Kontos, so hatte der CDU-Bevollmächtige Uwe Lüthje in einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Bundestagsausschuss versichert, hätten sich drei Männer aufgeteilt: der CDU-Bevollmächtigte Horst Weyrauch, Kiep und er selbst, Lüthje. Dem widerspricht Kiep bis heute.
So unklar wie die Herkunft des Geldes ist der Umgang der CDU-Parteispitze mit Kieps Millionenüberweisung. Bereits am 21. März hatte Kiep die CDU in einem Brief über den Fund und die anstehende Überweisung informiert, wenige Tage vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Ein Vorgang, der in den letzten Tagen zu Spekulationen eingeladen hatte: Wollte Kiep, der sich von seiner Partei im Stich gelassen fühlt, der CDU absichtlich schaden? Merkel selbst versuchte dem Eindruck entgegenzuwirken, dem Vorstand sei es um eine Vertuschung gegangen. Davon könne „keine Rede“ sein. Das Begleitschreiben sei für den CDU-Vorstand unklar gewesen, woraufhin die Anwälte weitere Gespräche mit Kieps Seite geführt hätten.
Der Umgang mit dem Vorfall hat in der CDU für verhaltene Kritik gesorgt. Der Vizeparteichef Peter Müller meinte: „Man hat möglicherweise die mediale Sensibilität des Themas unterschätzt.“ Der Bremer Parteichef Bernd Neumann, der zum Flügel um den früheren Kanzler Kohl gezählt wird, bemängelte, dass Merkel nicht mit dem Präsidium über die Annahme der Million gesprochen hat. Kiep selbst machte indes deutlich, dass er der CDU keinen Gefallen tun will: An einer Parteiaustritt denke er nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen