: Wachstum durch Einverleibung
■ Nach der Fusion von Phönix und Thalia: Branche erwartet weitere Konzentration im deutschen Buchhandel
Durch die Elefantenhochzeit zwischen der Douglas-Tochter Phönix und der Hamburger Thalia-Kette entsteht die mit Abstand größte Buchhandelskette in Deutschland – und weitere Eheschließungen dürften folgen. Denn die Fusion ist nach Ansicht von Branchenkennern ein Indiz für den Strukturwandel im Buchhandel: Die Konzentration nimmt zu.
Die neue Kette, deren rund 75 Filialen unter dem Namen Thalia firmieren werden, soll schon in diesem Jahr 600 Millionen Mark Umsatz bringen. Zum Vergleich: Der Verlagsriese Bertelsmann erzielte in Deutschland im vergangenen Jahr 460 Millionen. Die 18 Thalia-Filialen haben ein Umsatzvolumen von 140 Millionen Mark.
Dass sich der Milliarden schwere Hagener Parfümerie-Konzern Douglas, dem neben Phönix auch ein gutes Drittel des Internet-Buchhändlers Buch.de gehört, mit Thalia die Nummer 8 des inländischen Marktes einverleibt, kam für die Branche überraschend.
Nach Berechnungen des Fachmagazins buchreport haben die zehn größten deutschen Buchhandlungen im vergangenen Jahr mächtig zugelegt, während unzählige Kleinere ins Minus steuerten. Durchschnittlich 18 Prozent Wachstum verbuchten die „Top Ten“, der Buchhandel insgesamt magere 0,8 Prozent. Der Zusammenschluss von Phönix und Thalia nähert sich angesichts dieser Zahlen laut buchreport schon „amerikanischen Dimensionen“: In den USA bestimmen einige wenige Ketten den Markt, die den Verlagen die Konditionen diktieren. Zudem gibt es viel weniger Buchläden als hierzulande.
„Von amerikanischen Verhältnissen sind wir noch ein großes Stück entfernt“, meint der stellvertretende Vorsteher im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Dieter Schormann. In Deutschland teilten sich die größten 100 Buchhandlungen gerade ein Drittel des Marktes, und ein massenhaftes Wegsterben der Kleinen sei derzeit nicht zu befürchten. Doch täten die kleineren und mittleren Buchhandlungen gut daran, stärker zusammenzuarbeiten. „Man müsste den Genossenschafts-Gedanken wieder herauskramen und sich für Einkauf, Logistik, Marketing, Buchhaltung und Personalqualifikation zusammentun.“ So könnten die Kleinen den Großen besser Paroli bieten.
Die Konzentrationsspirale dürfte sich in den nächsten Jahren auch aus einem simplen Grund schneller drehen: Viele Buchhandlungen haben Nachfolgeprobleme. Wenn Inhaber aufs Rentenalter zusteuern, aber kein adäquater Nachfolger in Sicht ist, bietet es sich an, unter die Decke eines Partners zu schlüpfen. So ging es auch dem Chef des Familienunternehmens Thalia, Jürgen Könnecke (65). taz/lno
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