Mercedes ohne Seele

■ Die argentinische Ausnahmestimme Mercedes Sosa und ihre Band gaben ein routiniert-lahmes Konzert in der Glocke

Es kann nicht nur am ersten milden Frühlingsabend liegen. Wieder und wieder läutet der Gong das Ende der Pause ein, doch die BesucherInnen des Konzertes mit Mercedes Sosa in der Bremer Glocke bleiben vor der Tür oder auf der Terrasse über dem Kreuzgang stehen und scheinen gar nicht wieder hinein zu wollen. Das Wort „Vielleicht“ fällt hier und da, das „Vielleicht wird es ja nach der Pause besser“, das ratlos-fragende Blicke provoziert. Aber was soll besser werden? Nach diesem eigentlich gar nicht schlechten ersten Set?

Die 65-jährige Sängerin, die nicht nur in ihrer argentinischen Heimat „La negra“ genannt wird, hat sich Verstärkung mitgebracht. Fünf MusikerInnen sitzen und stehen da neben ihr auf der Bühne. Es sind zweifellos Profis. So ein Profi spielt sein Instrument virtuos, wechselt die Stile mit Leichtigkeit und trifft immer perfekt seinen Einsatz. Doch eins fehlt ihm, wenn er nicht aufpasst: die Seele.

Mercedes Sosa ist dagegen für ihre große Seele weltberühmt geworden. Nach einer schweren Krankheit, in der sie unter anderem sehr stark abgenommen hatte und seither etwas mehr wieder zunahm, ist sie wieder aktiv, nimmt neue Platten auf und gibt Konzerte. Zuletzt erschien die Missa Criolla, die das ohnehin schon breite Repertoire lateinamerikanischer Rhythmen noch um sakrale Musik erweitert. Nach Bremen hat die von der Militärjunta 1978 außer Landes gejagte Dame mit der unverwechselbaren Stimme eine Songmappe mitgebracht, die neben Sosa-Klassikern wie „Gracias a la vida“ auch neue, bislang unveröffentlichte Lieder enthält.

Etwas zu laut abgemischt und in einem häufig matschig wirkenden Sound spielen Sängerin und Band das Programm. Auch wenn die Arrangements im Gegensatz zu früheren Aufnahmen mit akustischen Instrumenten jetzt zu keyboardlastig-seicht ausfallen, sind die MusikerInnen solide und professionell. So professionell, dass die Background-Sängerin ihren Platz bei jedem Lied verlässt, wenn sie nicht gebraucht wird, und in den Applaus hinein wiederkommt.

Allein es passiert einfach nichts zwischen den MusikerInnen auf der Bühne. Und auch Hauptfigur Mercedes Sosa kommt über einen routinierten Vortrag ihrer Lieder nicht hinaus. Vielleicht hat sie keinen guten Tag erwischt. Vielleicht sind ihre guten Tage auch einfach vorbei. Vielleicht ist es auch nach der Pause besser geworden. ck