piwik no script img

Friedliche Feuer ohne Polizei

Die Walpurgisnacht zum 1. Mai blieb weit gehend ruhig. Nur in Friedrichshain gab es größere Ausschreitungen und Barrikaden. Die Polizei hielt sich bis spät in die Nacht auffallend zurück und überließ den Feiernden die Plätze. Insgesamt 40 Festnahmen

In der Walpurgisnacht vor dem 1. Mai ist es überraschend ruhig geblieben. Zwar waren tausende auf den Beinen, zu den befürchteten Straßenschlachten kam es aber nur in Friedrichshain. Denn trotz der von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) angekündigten harten Linie hielt sich die Polizei weit gehend zurück.

Auf dem Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg, dem Ursprungsort der Berliner Walpurgisnachtfeiern, hatten Kneipenwirte ein Straßenfest organisiert. „Wenig Hexen. Und Feuer gibt es auch nicht mehr“, bedauerte eine Besucherin. Zwei Jugendliche setzten sich auf die Straße – als Zeichen gegen das „Polizeifest“, für das sie die Veranstaltung hielten. Sie hofften auf die per Flyer für 18 Uhr hier angekündigte „Reclaim the streets“-Partydemonstration. Aber niemand setzte sich dazu. Die potenziellen Aktivisten spielten weiter Hacky Sack auf der Wiese. Erst gegen 19.30 Uhr setzte sich eine Trommlergruppe in Bewegung. Ghettobluster wurden gepackt, das Fest bekam eine Richtung. Aber nur kurz. Denn die Trommler wollten kein Straßenland für sich reklamieren, sie gehörten zum offiziellen Programm.

Heißer ging es im Mauerpark in Prenzlauer Berg zu. Die auf Initiative der Polizei vom Turnerbund am Nachmittag dort aufgestellten Hüpfburgen wurden von den Parkbesuchern weit gehend ignoriert. Erst in der Nacht drängelten sich 6.000 Menschen um zahlreiche Lagerfeuer und Trommler. Die Polizei griff selbst dann nicht ein, als sich gegen 23.30 Uhr einige Leute auf die Eberswalder Straße setzten. Stattdessen sperrte sie die Straße für den Durchgangsverkehr.

Erst gegen 0:30 Uhr drohte kurzfistig eine Eskalation. Als Beamte einen pöbelnden Passanten nahe der Schönhauser Allee brutal zu Boden warfen, flogen erste Flaschen. Innerhalb von Minuten kamen Mannschaftswagen und Wasserwerfer herangeeilt. Die Polizei verzichtete aber darauf, Richtung Mauerpark vorzurücken. Weitere Festnahmen Angetrunkener waren umstritten. „Fünf Mann auf eine Frau, was seid ihr für Helden“, kommentierte ein Polizist die Arbeit seiner Kollegen.

Auf dem Gewerbegelände neben dem Mauerpark ging gegen 1.45 Uhr eine Baracke in Flammen auf. Ob es einen Zusammenhang mit den Lagerfeuern im Park gab, war gestern noch unklar. Heftige Zusammenstöße zwischen Polizei und Feiernden gab es nur in Friedrichshain.

Auch am Boxhagener Platz hatten etwa 500 Menschen die Walpurgisnacht mit Lagerfeuern eingeleitet. Erst als gegen 0:30 Uhr Barrikaden auf der Straße errichtet und angezündet wurden, rückte die Polizei aus den Seitenstraßen vor. Sie wurde umgehend aus der Menge mit Steinen und Flaschen beworfen. Wasserwerfer und Räumfahrzeuge beseitigten die Barrikaden. Etwa 200 Personen wurden auf dem Platz eingekesselt. Die Beamten wurden nun aus den Seitenstraßen angegriffen. Erst gegen 1:20 Uhr beruhigte sich die Lage.

Nach Polizeiangaben wurden in der Nacht insgesamt 40 Personen festgenommen. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky wertete die Ausschreitungen als „Ausfluss“ der Walpurgisnacht mit ihrer latenten Gewaltbereitschaft. Eine „politische Gegenhaltung“ zu den Demoverboten am 1. Mai wollte er nicht erkennen. DHE/GA/KBI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen