: Schlachtplatte
Die Liste der möglichen Opfer geriet lang und länger: Unter dem Motto „Wen wollen wir schlachten? Tiere, Menschen, Lebensmittel“ wurde die Agrarwende diskutiert. Verbraucherministerin Renate Künast schlug „die Schuldigen“ vor, aber dann „müssten auch wir Verbraucher uns selbst schlachten“. Autor Michael Miersch war weniger auf Konsens bedacht und forderte den Tod „vom großen, dicken Subventionstopf“, der sich jährlich auf 27 Milliarden Mark beläuft. Ökobauer Torsten Behncke hingegen wollte vor allem den Bauernverband und die Kader in den Kammern entmachten. Nahe liegend sinnlich antwortete Marita Odia von Slow Food: „Wir möchten nur das Tier töten, das uns schmeckt.“ Sie warb für mehr Qualitätsbewusstsein bei den Kunden wie auch Hans-Jürgen Nantkevom Umweltbundesamt: „Wir müssen die Idee schlachten, dass Lebensmittel das Billigste zu sein haben – billiger als Autos, Wohnung und Urlaub.“ Über die Macht der Verbraucher war man sich einig, doch ansonsten blieb umstritten, wie die Agrarwende zu organisieren sei. Künast hob immer wieder hervor, dass „ohne Mehrheiten in der EU und bei den deutschen Länderministern gar nichts geht“. Daher ließen sich die Subventionen nicht abschaffen, sondern höchstens umschichten: „für mehr Nachhaltigkeit, für artgerechte Haltung, für die Bewahrung der Kulturlandschaft“. Die Zuhörer blieben skeptisch. Ein Biobauer aus Westfalen: „Das wird nicht in Frieden gehen.“ Denn die Agrarsubventionen würden momentan vollkommen fehlgeleitet und vor allem an die Nahrungsmittelindustrie und die Transportbetriebe fließen – sowie an die Riesenhöfe. Es sei Wahnsinn, so auch Ökobauer Behncke, dass ein einziger Betrieb in Sachsen-Anhalt dreißig Prozent aller Agrargelder kassiere, die das Land erhalte. Doch Künast setzt weiter auf Konsens und punktuellen Druck. Die nächsten Adressaten sind die Eierproduzenten: „Wer Käfige hat, bei dem muss auch Käfighaltung draufstehen.“
ULRIKE HERRMANN
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen