Ausweglos ambitioniert

■ Literatur und Film im Abaton: Sarah Khans „Dein Film“

Kein Zweifel, was seit dem Ende der 90er hierzulande als Popliteratur firmiert, ist gewachsen an seiner damals gestellten Aufgabe. Die lautete: Wer Erfahrungen mit dem Jungsein hat und zur Niederschrift dieser Erfahrungen neigt, soll den alten Knackern der deutschen Literatur mal zeigen, was eine Harke ist. Dabei kam allerlei Geblubber heraus, Hauptsache, die Story war im Milieu der Jugend angesiedelt, besser noch in der Welt der Bands, der Drogen, der Clubs und der jeweils hippen Mode, was das Design von Klamotten oder von Liebesbeziehungen angeht.

Die 1971 in Hamburg geborene Sarah Khan siedelte 1998 ihren Erstling Gogo-Girl im Umfeld der Hamburger Schule an: Ruth ging mit der Band Hirn als Stimmungsmacherin auf Tour und die LeserInnen konnten ihren erschreckend banalen Befindlichkeiten 150 Seiten lang folgen. Khans jüngst bei Rowohlt erschienener Roman Dein Film spart zwar auch nicht mit Banalitäten, doch er ist sehr viel genauer in seiner Sprache, vielschichtiger aufgezeichnet und quält nicht wie Gogo-Girl mit der Enge einer Ich-Perspektive.

Heute Abend wird Sarah Khan im Abaton aus Dein Film lesen und anschließend ihren Wunschfilm All About Eve präsentieren. Diese Form der Veranstaltung, die das Abaton regelmäßig mit wechselnden Gästen ausrichtet, hat selten mehr Sinn gemacht. Denn in Khans jüngstem Text dreht sich alles um das Davor- und Danach von Filmen: Sonja ist Filmredakteurin des Hamburger Stadtmagazins headquarter, ihre Mitbewohnerin Angie möchte Schauspielerin werden und deren Exfreund Dennis versucht sich als Vampirfilm-Drehbuchautor. Sie alle leben mit Zitaten, mit den Stars ihrer Filme, wie eigentlich fast ihr gesamtes Leben zusammengesetzt ist aus Filmzitaten. Und mehrfach wird in Dein Film über All About Eve gesprochen.

Mit All About Eve lieferte Joseph L. Mankiewicz 1950 eine böse Satire auf die Filmbranche, ihren Protektionismus, ihre Eitelkeiten, ihre Skrupellosigkeiten. Dein Film hingegen möchte zwar bisweilen Satire sein, unterm Strich ist der Roman bloß melancholisch. Dein Film beklagt die Verhältnisse, angeklagt wird nichts mehr. Aber eine Schreibweise, die besser werden will, kommt nicht weit, wenn sie nichts aufscheinen lassen kann, was es nicht gibt. Die Brutalität, mit der Rainald Götz das Clubleben auf leere Sätze reduziert hat, kann da viel mehr.

Christiane Müller-Lobeck

Lesung: morgen, 20 Uhr, Abaton; All About Eve mit Einführung v. Sarah Khan: 21.30 Uhr, Abaton

Sarah Khan: Dein Film, Rowohlt Berlin 2001, 255 S., 34,90 Mark