: Hick-Hack um den polizeilichen Todesschuss
■ Polizeigesetz: CDU gegen die „Verhinderer“ der SPD / Böse Worte gegen Böse
Der Koalitionskrach um den „finalen Rettungsschuss“ nimmt immer schärfere Formen an. Der ges-tern von der SPD vorgelegte Vorschlag zum Rettungsschuss sei „untauglich“. Die Sozialdemokraten verzögerten damit die „dringend nötige“ Reform des Polizeigesetzes, erklärte Kuno Böse, Staatsrat beim Innensenator. Eine verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlage für die Arbeit der Polizeibeamten auch in extremen Notsituationen sei jedoch unabdingbar. „Die Beamten brauchen unser Vertrauen und den Rückhalt der Politik und nicht unser Misstrauen.“
Nachdem sich der CDU-Landesparteitag am Wochenende für die Einführung des „finalen Rettungsschusses“ in das neue Bremer Polizeigesetz ausgesprochen hatte, hatte die SPD am Montag eine eigene Lösung ins Spiel gebracht. Im Unterschied zur CDU will sie es der Entscheidung und Verantwortung des Schützen überlassen, im Ernstfall einen tödlichen Schuss abzugeben. Die CDU favorisiert hingegen die bereits in Niedersachsen gültige Regelung, bei der der Todesschuss angeordnet werden kann – auch gegen den Willen des Polizisten. Rolf Herderhorst, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hatte nicht ausgeschlossen, dass wegen des Rettungsschusses die gesamte Reform des Polizeigesetzes kippen könnte.
Böse habe den Vorschlag nicht „mit dem gebührenden Sachverstand“ prüfen lassen, konterte dagegen gestern der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hermann Kleen. Böses Worte seien nicht nur „unangemessen und peinlich, sondern sollen offensichtlich eher einer parteipolitischen Profilierung dienen.“ Böses Dienstherr, Innensenator Bernt Schulte (CDU), weilt seit Tagen auf Dienstreise in Riga.
Auch die Grünen schalteten sich in die Debatte ein: „Wir lehnen auch den Rettungsschuss ,light' der SPD ab“, so der Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Güldner. „Anstatt ohne wenn und aber den Todesschuss auf Anordnung abzulehnen, knicken die Sozialdemokraten jetzt ein.“ Auch ohne Formulierung im Polizeigesetz könnten Polizis-ten als letztes Mittel schießen. Die Grünen halten das so genannte „Notwehrrecht“, das jeden Bürger im Extremfall vor Strafverfolgung schützt, für ausreichend. Als „unverschämte Meinungsmache“ bezeichnete Güldner die Behauptung des CDU-Innenpolitikers Herderhorst, mit dem Rettungsschuss hätte es keine Toten beim Geiseldrama von Gladbeck gegeben: 1988 hätte es „schwerwiegende polizeiliche Fehler“ gegeben. Deshalb wäre die Situation eskaliert. „Herderhorst verdreht die Tatsachen.“ ksc
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen