: Supermarktüberfall statt Bankraub
Die Zahl der Überfälle auf Lebensmittel-Supermärkte ist auffallend gestiegen. Die Täter sind ausgesprochen jung. Erst am Montag wurde ein jugendlicher Räuber von SEK-Beamten angeschossen. Kripo empfiehlt den Läden Umrüstung der Tresore
von PLUTONIA PLARRE
Bankraub ist out. Überfälle auf Lebensmittel-Supermärkte sind in. Erst am Montag fand wieder ein Überfall auf einen Supermarkt statt. Einer der beiden 19 Jahre alten Täter hatte mit einer Schreckschusspistole das Feuer auf die Polizei eröffnet und war daraufhin mit einem Bauchschuss niedergestreckt worden.
Die bei der Festnahme eingesetzten Polizisten waren nicht irgendwelche Beamten, sondern Angehörige des besonders ausgebildeten Spezialeinsatzkommandos (SEK). „Sich mit dem SEK anzulegen, ist geradezu selbstmörderisch“, sagt Kriminaloberrat Manfred Schmandra, Leiter der Raubinspektion. Daran zeige sich aber, dass die Hemmschwelle bei den Raubtaten auf Supermärkte immer weiter sinke.
Die Zahl der so genannten Tresortaten, bei denen es die Täter auf die im Tresor gelagerten Tageseinnahmen der Geschäfte abgesehen haben, nimmt immer mehr zu. 1999 wurden noch 66 entsprechende Vorfälle registriert. Im Jahr 2000 waren es bereits 96. Und allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres sind es schon 50.
Die typische Tatzeit sind die ganz frühen Morgenstunden, wenn die Geschäfte beliefert werden und kaum Personal zugegen ist. „Es hat sich offensichtlich herumgesprochen, dass es sich lohnt“, sagt Kriminaloberrat Schmandra. Konkrete Summen wollte er nicht nennen. Die Beute sei aber höher als bei einem Bankraub. Der werde in Zeiten elektronischer Tresore kaum noch begangen.
Die Täter sind laut Schmandra mit einem Durchschnittsalter von 18 bis 21 Jahren auffallend jung. Es handelt sich um die „Klientel“, die vor wenigen Jahren noch anderen die Jacke „abgezogen“ habe. Sie seien berufs- und arbeitslos, „wollen aber ein tolles Auto fahren, ein teures Handy haben und die Puppen tanzen lassen“.
Und noch eines sei ihnen gemein: „Sie sind extrem vorsichtig, was es so schwer macht, sie zu oberservieren“, weiß Schmandra. Auch die beiden Täter, die am Montag gestellt wurden, waren nach einem Hinweis tagelang von Zivilfahndern und SEKlern im Schlepptau beobachtet worden. „Das und die Telefonüberwachung ist ungeheuer personalintensiv“, sagte der Leiter der Raubinspektion.
Der 19-jährige Juan G. liegt noch Krankenhaus. Sein Komplize befindet sich in Untersuchungshaft. Dass der SEK-Beamte scharf zurückgeschossen hatrechtfertigt Schmandra damit, der Beamte habe nicht erkennen können, dass G. nur eine Schreckschusswaffe hatte.
Bereist im Januar war ein 23-Jähriger von einem SEK Beamten erschossen worden, als er mit erhobener Schreckschusspistole nach einem gescheiterten Überfall aus einem Supermarkt zu flüchten versuchte.
Eine Lösung für die Überfälle auf die Supermärkte ist laut Schmandra aber in Sicht. Die Geschäfte seien nun im Begriff, ihreTresore so umzurüsten, dass diese nur noch von den Angestellten von Geldtransporterfirmen geöffnet werden könnten. Auch in dem Plus-Laden, der am Montag Tatort war, stand schon ein umgerüsteter Safe. Das entsprechende Hinweisschild an dem Geschäft hatten die Täter allerdings übersehen.
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