piwik no script img

Ein verboten dämlicher Slacker

Die US-Sitcom „That’s My Bush“ porträtiert den sprachungewaltigen US-Präsidenten als liebenswerten Dummkopf. Ihm kann’s recht sein: Je harmloser er im Fernsehen wirkt, desto unauffälliger lässt sich Politik für die republikanische Klientel machen

aus Washington ELLY JUNGHANS

Ein Missverständnis mit dem Wort „pussy“ gefährdet die Ehe zwischen George W. und Laura Bush: Er versucht ihr beizubringen, dass die Familienkatze die Luft im Weißen Haus verpestet und deshalb eingeschläfert werden muss. Sie verzweifelt darüber, dass er ihr seit dem Umzug nach Washington orale Vergnügungen vorenthält. Während Laura auf der Suche nach einer Reinigungszeremonie in den Urwald aufbricht, setzt George an der Katze die Vaginaldusche an.

„That‘s My Bush“ („So ist er, unser Bush“) ist Fernsehen für pubertierende Jünglinge, im Fleische wie im Geist. Die Präsidenten-Sitcom läuft auf „Comedy Central“, einem zweitklassigen Kabelsender. Denn unser Bush ist nicht reif für die Primetime, weder für die Nachrichten noch für die Unterhaltungsstrecke zwischen 19 und 22 Uhr. Er ist kein großer Kommunikator und hat keinen Sexappeal. Der Republikaner taugt höchstens für die spätabendlichen Gags der Herren Jay Leno und David Letterman. Kostprobe Leno: „Bush hat sich heute gegen das Klonen von Menschen ausgesprochen. Na, gibt’s wohl ein besseres Argument gegen das Klonen von Menschen als George W. Bush?“

Verboten dämlich ist unser Bush, zumindest aus Sicht der US-Fernsehkomiker. Die Versprecher des sprachungewaltigen Präsidenten füllen E-Mail- Rundsendungen, Webseiten und mittlerweile sogar Bücher. Zum Beispiel der Klassiker: „Ich weiß, dass menschliche Wesen und Fische friedlich koexistieren können.“ Oder eine Kostprobe zum Kioto-Protokoll: „Zuallererst würden wir keinen Vertrag akzeptieren, der nicht ratifiziert geworden wäre, keinen Vertrag, von dem ich denke, dass er für unser Land sinnvoll ist.“

Arbeitsscheu ist er auch, unser Bush, der größte Slacker zwischen Freiheitsstatue und Golden Gate Bridge. Gäbe es in den USA eine Faulenzerdebatte, dann säße der Prototyp direkt im Oval Office. In „That’s My Bush“ hat der Präsident alle Zeit der Welt, sich seiner Familie und seinen Hobbys zu widmen. Wenn er mal nicht auf dem Sofa sitzt und sich von seinem Nachbarn Larry das Für und Wider der Sterbehilfe erklären lässt, hängt er im Oval Office am Telefon: „Hört mal, Mädels, Daddy muss jetzt mal Präsidentenzeugs machen.“ Die Zwillingstöchter Jenna und Barbara Bush dürfen in der Show allerdings nur im Off erscheinen. Eigentlich waren sie als lesbisches Liebespaar eingeplant, aber da zeigten die Produzenten dann doch die rote Karte.

Die ersten Folgen der im April angelaufenen Sitcom waren noch am ehesten politische Satire, wenn auch zweifelhaften Geschmacks: Bush ließ im Weißen Haus eine Hinrichtung fingieren, um vor seinen Burschenschaftsbrüdern als harter Kerl dazustehen.

„Unser George versucht immer, das Richtige zu tun“, meinen die Autoren Trey Parker und Matt Stone. „Er ist nur ein bisschen naiv, und während er versucht, allen zu gefallen, geht die Sache in die Hose.“

Bush als harmloser Dummkopf zum Knuddeln – Parker und Stone nennen das subversiv. Doch die Imageberater im Weißen Haus sind bisher nicht beunruhigt: „Dem Präsidenten ist klar, dass solche Shows zum politischen Prozess gehören“, sagte ein stellvertretender Regierungssprecher zum Sendestart. Bush hat gelernt, mit den Klischees umzugehen, die im Fernsehen über ihn gedroschen werden. „Wollte nur sichergehen, dass ihr noch aufmerksam zuhört“, nahm er jüngst bei einer Pressekonferenz seinem neuesten grammatikalischen Schnitzer die Schärfe.

Während sich Bush gut gelaunt zur Zielscheibe dummer Witze machen lässt, ist Hollywood noch mit der Rehabilitierung seines Vorgängers Bill Clinton zu Gange. Zur besten Sendezeit darf Präsident Jeb Bartlett, gespielt vom Atomwaffengegner Martin Sheen, in „West Wing“ jeden Mittwoch eine volle Stunde lang für das Gute kämpfen. Mit 12,2 Millionen Haushalten stand die Dramaserie nach den jüngsten verfügbaren Daten unter den meistgesehenen US-Sendungen an fünfter Stelle. „That’s My Bush“ schaffte es nicht mal unter die ersten 15 Kabelsendungen und erreichte damit keine zwei Millionen Zuschauer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen