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Kein Ersatz für ABM-Vertrag

US-Delegation versucht die Deutschen für Raketenabwehr zu begeistern. Ohne Erfolg

BERLIN taz ■ Die Touristen auf der Spree vergnügten sich auf Musikdampfern, die Besucher im Neubau des Kanzleramts direkt am Fluss waren ernsteren Sinnes. Im Auftrag von US-Präsident George W. Bush mühte sich am Mittwochabend eine hochrangige Delegation, die Deutschen von der Notwendigkeit eines neuen amerikanischen Raketenabwehrsystems zu überzeugen.

Fünf Stunden saßen sie sich gegenüber: Paul Wolfowitz, der Hardliner im Amt des stellvertretenden US-Verteidigungsministers, hatte eine zwanzigköpfige Truppe mitgebracht, Sekretärinnen nicht mitgezählt. Die Deutschen, angeführt von Kanzlerberater Michael Steiner sowie zwei Staatssekretären aus dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium, waren hinterher halb geschmeichelt, halb überwältigt von der „sehr beeindruckenden, gewaltigen amerikanischen Delegation“.

Während die Deutschen anschließend bemüht waren, das Aufgebot als Teil der aufrichtigen amerikanischen Wertschätzung für die europäischen Bedenken zu interpretieren, brachten die Emissäre in der Sache keine neuen Angebote mit.

Insbesondere haben die USA offenbar keine konkreten Vorstellungen für einen Ersatz des ABM-Vertrags mit Russland, der in seiner 1972 abgeschlossenen Form durch ein Raketenabwehrsystem ausgehebelt würde. Bush hatte bei seiner Rede vergangene Woche an der National Defense University in Washington in Aussicht gestellt, ein neues „Rahmenwerk“ zur internationalen strategischen Stabilität solle das ABM-Abkommen ablösen. „Das ist noch nicht detailliert worden“, hieß es aus der deutschen Delegation nach den Gesprächen in Berlin. „Die globale Sicherheitsarchitektur hat ihre Schwächen, aber immerhin haben wir sie“, wird im Kanzleramt betont. An ihre Stelle dürfe kein „Vakuum“ treten.

Wolfowitz bekannte gestern, es sei deutlich geworden, dass es in Europa „fundamental andere Auffassungen“ der weltweiten Sicherheitslage gebe. Kanzlerberater Steiner machte keinen Hehl daraus, dass die Bedenken der Bundesregierung fortbestehen: Die Kosten, die technische Machbarkeit und die Gefahr möglichen regionalen Wettrüstens vor allem in Asien seien weiterhin „offene Fragen“. Von den Antworten, so Steiner, hänge ab, wie sich Berlin letztlich zur Raketenabwehr stelle.

Für den Fall, dass die Raketenabwehr tatsächlich gebaut wird, hat die deutsche Seite im Gespräch mit Wolfowitz jedenfalls vorgesorgt: Deutschland, so hieß es aus der Delegation, will deutsche Firmen an den Milliarden-Investitionen beteiligt sehen.

PATRIK SCHWARZ

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