: politik verstehen, kunst leben: joseph beuys zum achtzigsten
So wollte es der erweiterte Kunstbegriff: Raus aus der Nische, 7.000 Eichen pflanzen und Honig in die Politik pumpen! Vielleicht wäre irgendwann der Bundestag zur Sozialen Plastik geworden – und Joseph Beuys Kanzler. Kurz vor seinem Tod 1986 hatte der Mann aus Kleve dem WDR-Fernsehen mit rheinischer Gewitztheit zur Kanzlerfrage erklärt: „Wenn es dem Ziel der gesellschaftlichen Veränderung nützt, warum nicht?“
Die Stationen für einen solchen Marsch durch die Institutionen hat der am 12. Mai 1921 geborene Beuys mit Bravour genommen – Widersprüche inklusive. 1972 wurde er als Professor der Düsseldorfer Akademie von Johannes Rau, damals Wissenschaftsminister in NRW, fristlos entlassen, weil er Studenten zur Hausbesetzung aufgerufen hatte. Im gleichen Jahr traf Beuys aber auch mit Kanzler Willy Brandt zusammen und gründete zur documenta V sein „Büro der Organisation für Direkte Demokratie“, für das er vier Jahre später wiederum als Kanzler kandidierte – Chance 1976?
Im Jahr darauf besprach er mit Rudi Dutschke, wie man mehr Bewusstsein für Ökologie schaffen könnte und landete 1980 bei den Grünen und Otto Schily. Sogar für die taz wollte sich Beuys einsetzen: In der Gründungsphase bot er an, mit Andy Warhol in New York eine Aktion zugunsten des Projekts „Tageszeitung“ zu machen. Es hat dann nicht geklappt, weil das Geld für den Flug fehlte. Viel hat sich in diesen 20 Jahren also nicht geändert, nur Beuys wird sehr vermisst. hf
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