: Von Zwitschervögeln und Wahlkampf
■ Bürgerschaft debattiert Technologiepark, Kleingärtner sind sauer
„Nie wieder!“ Nie wieder wird dieser Mann die SPD wählen. Und mit ihm eine ganze Reihe Schwachhausener Kleingärtner. Zumindest bekundeten sie das gestern während und nach der Sitzung der Bürgerschaft, als es um ihre Kleinode ging. „Technologiepark nicht auf Kosten von Kleingärten erweitern“, hieß der Dringlichkeitsantrag der Fraktion der Grünen, und zumindest die Zuschauerränge hatten sie damit auf ihrer Seite. Nachdem die Abgeordnete Karin Mathes die geplante Erweiterung gen Süden hinein ins Parzellengebiet als „stadtentwicklungspolitischen und städtebaulichen Unsinn“ gekanzelt, auf die in den Gärten lebenden 47 Vogelarten, darunter zwei von der roten Liste, hingewiesen hatte und schließlich die Rücknahme des Senatsbeschlusses gefordert hatte – da klopften nicht nur ihre ParteikollegInnen auf die Pulte, sondern auch die Parzellisten auf den Rängen. Was wiederum Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber (SPD) zu der Belehrung veranlasste, weder Zu- noch Widerspruch sei von oben erlaubt.
Der SPD-Abgeordnete Joachim Schuster erklärte gen Ränge: „Wir befinden uns hier in einem Planungsprozess, und da können Beschlüsse sich verändern.“ Seine Partei stehe zur Erweiterung, denn mit dem Technologiepark seien „durchaus gewisse, äh – große Erfolge verbunden“. Nein, ins Hollerland wolle die SPD nicht, vielleicht westlich des Kuhgrabens, ein Konzept sei in Auftrag gegeben.
Dieter Focke von der CDU erklärte dazu, die Erweiterung Richtung Parzellen sei auf SPD-Initiative geschehen. Das findet die CDU gar nicht gut, nicht zuletzt wegen der „ganzen Zwitschervögel und was sich da inzwischen angesiedelt hat“ und die Parzellen „ökologisch wertvoller als das Hollerland“ machten. Aber den Grünen seien wirtschaftliche Notwendigkeiten kaum zu vermitteln: „Sie sind auch gegen Arbeitsplätze, bloß um keine Blume zu zertreten.“
Bausenatorin Christine Wischer (SPD) sprach von zu führenden Gesprächen mit den KleingärtnerInnen, von zu erarbeitenden Lösungsvorschlägen, von einem „Konsens mit allen Beteiligten.“ Uwe Färber, Staatsrat im CDU-geführten Wirtschaftsressort, kam wieder aufs Grundsätzliche und irritierte die komplette Versammlung: „Dieses Bundesland kann nur überleben, wenn es eigene Einnahmen hat. Dazu gehören zwei Faktoren: Wohnen und Arbeiten. Bei einer Norderweiterung ist dafür deutlich Platz.“ Norderweiterung? Wie jetzt? Dieter Mützelburg (Grüne) wollte Präzision, Färber sprach von „noch nicht im Senat abgestimmt“ und dass ohnehin alles rund um den Technologiepark geprüft werde, also auch der Norden.„Sie wissen nicht, was Sie tun“, donnerte daraufhin die Grüne Karoline Linnert, „Sie ruinieren den Standort.“ Dann lehnten SPD- und CDU-Fraktion den Antrag der Grünen ab. Präsident Weber verabschiedete das Volk auf den Rängen, was erwiderte: „Ob Sie nochmal wieder gewählt werden!“ Und: „Danke die Grünen!“
Später, auf dem Marktplatz, wurde die Situation aus Schwachhauser Parzellensicht erklärt: „Die Bremer meinen ja, dass nur mit der SPD die Welt sich weiterdreht.“ Zumindest die Kleingärtner meinen nun anderes. „Ihr wisst ja“, rief ein Kleingärtner seinen Gartenkollegen zu, „wen ihr nun wählen müsst!“ sgi
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