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In goldenen Ketten

Von Ghana in die Mohrenstraße: Ein Historiker erzählt die Geschichte des preußischen Sklavenhandels in Westafrika

Sehnsüchtig wurden die zwölf jungen Männer aus Westafrika in Potsdam erwartet. Ob sie selbst so wild darauf waren, den Rest ihrer Tage im kalten Deutschland zu verbringen, weiß man allerdings nicht.

Vermutlich wurden sie nicht gefragt. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von Preußen hatte 1721 das defizitäre Kolonialabenteuer seiner Vorfahren beendet und alle preußischen Überseebesitzungen an die Niederländisch-Westindische Kompanie verkauft. Zusätzlich zur Kaufsumme mussten ihm die Holländer auch „zwölf Negerknaben stellen, von denen sechs mit goldenen Ketten geschmückt sein sollten“.

Diese wurden in das preußische Heer integriert, als Militärmusiker. Schwarze Militärmusiker und schwarze Bedienstete galten im 18. Jahrhundert als Prestigemerkmal an den europäischen Herrscherhäusern. Sie hatten einen vergleichsweise hohen sozialen Status.

Einige heirateten gar in angesehene Familien ein. Der Soldatenkönig ruhte nicht, bis er ein komplettes schwarzes Musikkorps aufgestellt hatte. An die 30 Afrikaner waren schließlich in seinem Heer als Musiker beschäftigt. Sie bewohnten sogar eine eigene Kaserne in Berlin, der die Mohrenstraße ihren Namen verdankt.

Dieses ziemlich unbekannte Kapitel der Geschichte stellt derHistoriker Ulrich van der Heyden im Rahmen des „Preußenjahres“ in seinem Buch über die brandenburg-preußischen Kolonialbestrebungen vor. Bereits 1681 waren brandenburgische Schiffe an der Goldküste im heutigen Ghana vor Anker gegangen. Man schloss Verträge mit einheimischen Chiefs und baute ein Fort, die Festung Großfriedrichsburg. Von dort aus beteiligten sich die Brandenburger am Sklavenhandel. Zwischen Zwanzig- und dreißigtausend Menschen wurden durch die brandenburgische Handelsflotte nach Amerika verschleppt. Und noch viel mehr starben bei der Gefangennahme und auf dem Transport. Doch der erhoffte Gewinn blieb aus. Als sich im Januar 1701 der brandenburgische Kurfürst selbst zum Preußenkönig Friedrich I. krönte, war die Brandenburgisch-Africanische-Americanische-Compagnie bankrott.

In Deutschland finde bis heute keine wirkliche Diskussion über die Spätfolgen von Sklavenhandel und Kolonialismus statt, klagt der Kameruner Kum’a Ndumbe III, Professor an der Freien Universität Berlin. Im allgemeinen Bewusstsein werde verdrängt, dass damit die Grundlage für den Reichtum Europas und die „Unterentwicklung“ Afrikas gelegt wurde. Auch der Rassismus, so die brandenburgische Ausländerbeauftragte Almuth Berger, sei ein „Erbe“ dieser Zeit. Um Sklavenhandel und Kolonialismus zu rechtfertigen, wurde die Ideologie von der Minderwertigkeit der Afrikaner entwickelt, auch von so erlauchten Denkern wie Hegel und Kant. Eine geistige Altlast, die bis heute fortwirkt.

Sollte man also, um sich davon zu distanzieren, die Mohrenstraße umbenennen? Wohl nicht. Aber, so Kum’a Ndumbe, wir sollten in einen Dialog über unsere Geschichte treten: „Wir haben noch gar nicht angefangen, miteinander zu reden.“

URSULA TRÜPER

Ulrich van der Heyden: „Rote Adler an Afrikas Küste“. Selignow-Verlag Berlin

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