herr tietz macht einen weiten einwurf
: FRITZ TIETZ über ein Kapitel Boxen-Theologie

Gott sitzt nicht im Urin

„Es ist meine Überzeugung, dass es etwas gibt, was uns lenkt.“ So bekannte sich neulich Formel-1-Pilot Ralf Schumacher zu seinem Glauben an Gott, ließ damit durchblicken, dass er, der Renn-Profi, praktisch ferngesteuert ist und offenbar auch seine Rennen gewissermaßen mit einem Beifahrer bestreitet. Wenn das mal nicht ein eindeutiger Verstoß gegen das Formel-1-Reglement ist. Man könnte auch von Doping sprechen. Gott-Doping sozusagen.

Gott-Doping ist ein bislang wenig beachtetes Problem, das reihum alle Sportarten betreffen dürfte. Bekennend gläubige Sportler gibt es reichlich. Trotzdem ist Gott auf keiner offiziellen Dopingliste verzeichnet. Gehörte er da aber nicht eigentlich hin? Schließlich können Sportler, die nicht an Gott glauben, auch nicht mit der Hilfe des Allmächtigen rechnen. Damit besteht doch für einen ungläubigen Sportler vom Start weg eine mindestens so große Chancenungleichheit wie für einen Athleten, der gegen einen chemisch oder sonstwie aufgeputschten Gegner antreten muss.

Anders als in den meisten Hochleistungssportarten gilt Doping in der Formel 1 nicht unbedingt als ein grundsätzliches Problem. Laut FIA-Präsident Max Mosley konnte noch keinem der Fahrer die Einnahme eines unerlaubten Mittels nachgewiesen werden. Es würden regelmäßig Kontrollen nach olympischem Standard durchgeführt, behauptet Mosley, was allerdings kaum zu glauben ist. Denn wenn dem so wäre, würden diese Tests ja wohl live im Fernsehen übertragen. Schwer vorstellbar, dass ein so besemmelter Rennsender wie etwa RTL freiwillig darauf verzichtete, diese Tests samt den obligatorischen Urinkontrollen zu dokumentieren, Pippimachen der Fahrer inklusive. Ein Ereignis, über das zu berichten übrigens niemand prädestinierter wäre als das RTL-Boxenluder Kai Ebel. Der würde den Fahrern beim Wasserlassen glatt noch das Pissröhrchen halten.

Tatsächlich dürfte es wohl eher so sein, dass ein gewisses Doping in der Formel 1 nicht nur gebilligt wird, sondern sogar vorgeschrieben ist. Anders steht man die Tortur eines Rennens doch gar nicht durch. Als Otto-Motor-Normalgebraucher, der bisweilen schon bei 160 Sachen auf der Autobahn ein wenig flattrig wird, könnte ich es zumindest gut verstehen, falls sich ein Rennfahrer vor dem Start mit ein paar geeigneten Drogen stärkte. Wobei das eigentlich nur solche Präparate sein können, wie sie gewöhnlich Kamikaze-Fliegern verabreicht werden. Und noch ein paar andere Mittelchen dazu. Laberpillen zum Beispiel. Wie sonst sollte ein Rennfahrer die vielen Interviews bewältigen können, die ihm besagter Kai Ebel vor und nach den Rennen aufquengelt?

Das alles jedoch sind bloß Vermutungen. Ob Ralf Schumacher Gott als unerlaubtes Dopingmittel einsetzt, ist ebenfalls nur so ein Verdacht, der vorläufig nicht zu erhärten ist. Zumindest nicht durch einen herkömmlichen Dopingtest. Der setzte nämlich voraus, dass sich Spurenelemente Gottes im Urin eines Sportlers ausfindig machen ließen. Wenn überhaupt, lässt sich aber Gott im Menschen nur dort nachweisen, wo auch dessen Sportsgeist erzeugt wird: in der menschlichen Seele. Von der weiß man aber bekanntlich nicht mal, wo sie im menschlichen Organismus angesiedelt ist.

So aber Gott tatsächlich bei Ralf Schumacher mitführe, müsste er allerdings, gemessen zumindest an den eher mittelmäßigen Rennergebnissen, die der kinnkürzere der Schumi-Brüder vorzuweisen hat, als ein eher miserabler Rennwagenlenker gelten. Und auch diese Frage wäre noch zu klären: Wenn nun noch ein paar weitere Formel-1-Fahrer auf Gottes Lenkhilfe setzten, lenkte dann nicht der Allmächtige gleichsam gegen sich selbst an? So gesehen, erweist sich Gott-Doping, auch sporttheologisch betrachtet, als ein eher verzwicktes Problem.

Ratzinger, übernehmen Sie!

Fotohinweis:Fritz Tietz, 42, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.