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Schlecht geschminktes Stückwerk

Gute Vorzeichen, schlechtes Ergebnis: Mit sperrhölzernen Dialogen und unentschiedenem Plot steht sich die ambitionierte Tragikomödie „Clowns“ selbst im Wege – trotz Hauptdarstellern wie Anna Thalbach und Frank Giering (20.45 Uhr, Arte)

von ARNO FRANK

Warum, warum, warum nur gehen selbst solche Filme schief? Wo doch eigentlich alles stimmt: Ein engagierter junger – und man möchte meinen: hungriger – Regisseur (Tim Trageser), zwei kinotaugliche Hauptdarsteller (Frank Giering und Anna Thalbach) und eine übrige Crew, die sich von Szene zu Szene selbst übertrifft – allen voran Jochen Nickel als durchgeknallter Bankräuber Joe. Als würde das nicht schon genügen, glänzt die Tragikomödie „Clowns“ auch auf Herstellerseite mit großen Namen: Der SWR hat diesen Fernsehfilm koproduziert, heute Abend ist „deutsche und französische Erstaustrahlung“ auf Arte. Aber warum, warum nur kann man sich das sparen?

An Frank Giering liegt’s nicht. Der brillierte in „Funny Games“ und „Absolute Giganten“, der Stern nennt ihn in seinem TV Magazin den „deutschen Dean“ – und lässt offen, ob er damit James oder Martin meint. Leicht korpulent schleppt sich Giering durch die Handlung und verleiht seinem Nick jene sonambule Schwermut, auf die er inzwischen abonniert ist. Als Clown verdient der verhinderte Schauspieler Nick seine Brötchen, und eines Tages steckt er im offenen Kübelwagen im Stau, im Kostüm, eine lächerliche Figur – als aus dem Autoradio die Nachricht kommt, dass ein als Clown verkleideter Räuber gleich drei Banken hintereinander ausgeraubt hat. Prompt wird der Unglücksrabe von zwei trotteligen Bullen verhaftet, die gerade die Scheckbetrügerin Charlie (Anna Thalbach) in den Knast überführen müssen – das ist die komische Seite. Charlie will aber nicht ins Gefängnis, sondern – verständlich, verständlich – ihren süßen Sohn Robin aus dem bösen Kinderheim entführen und abhauen – das ist die tragische Seite. Spätestens, als Charlie mit Nick den Polizisten entkommt, wissen wir: Der tieftraurige Clown und die spröde Mutter wollen, müssen, werden zusammenfinden.

Das ist manchmal große Komödie, bisweilen große Tragödie – und genau deshalb kein guter Film. Zu unentschieden changiert der immer wirrer werdende Plot zwischen grotesken Einfällen und sperrhölzernen Dialogen, als dass wir wirklich Anteil nehmen könnten an den Schicksalen seiner Protagonisten. Anna Thalbach etwa wirft sich mit Vehemenz in die Rolle der misstrauischen Brachialmutter, Jochen Nickel spielt den irren Joe mit irritierender Zweideutigkeit – nebeneinander aber neutralisieren sich die Figuren, heben sich die Leistungen gegenseitig auf. Tim Trageser hat erzählt, dass er die Aussgangssituation von „Clowns“ – der Clown im Stau – schon auf der Filmhochschule als Kurzfilm verbraten habe und sie erneut benutzen wollte, „um die Wege von Menschen, die sich sonst nie begegnet wären, kreuzen zu lassen“.

So verknallt scheint der Regisseur in seine originelle Idee, dass er darüber Drehbuch und Dramaturgie vergessen, sich zu sehr auf seine karätigen Schauspieler verlassen haben muss. Es ist der feine Unterschied zwischen gut gemeint und gut gemacht, der hier allzu oft verwischt und den Film zur hybriden Kreuzung macht. Trageser scheint’s geahnt zu haben: „Ein Flop kann ja auch hilfreich sein, um es beim nächsten Mal wieder besser zu machen“, sagte er im Vorfeld mit professioneller Lässigkeit. Von da zur Nachlässigkeit ist es ein kleiner Schritt. Vielleicht lag’s ja daran.

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