: „Richtig aggressiv“
Siegfried Strauß verkauft keine Bayern-Devotionalien mehr. Manche nehmen ihm das ziemlich übel
BERLIN taz ■ Siegfried Strauß ist Inhaber eines Sportgeschäftes im badischen Lahr. Und Siegfried Strauß ist Schalke-Fan. Deshalb hat er am vergangenen Montag im „Offenburger Tageblatt“ auch eine Anzeige geschaltet. „Ab sofort führen wir keine Bayern-München-Fanartikel mehr“, gab er dort bekannt.
taz: Herr Strauß, rennen Sie denn nicht sehenden Auges in die Pleite? Mit Bayern-Devotionalien ist doch bundesweit am meisten Kasse zu machen, erst recht jetzt nach dem Europapokalsieg . . .
Siegfried Strauß: Ich gehe nicht von meinem Ruin aus, weil der Absatz von Schalke-Artikeln weiterhin sehr gut läuft. Außerdem führe ich künftig ja nur keine Bayern-Fanartikel wie Tassen und Wimpel mehr. Mit diesen war ohnehin kaum Umsatz zu machen, die ordern die Fans doch meist direkt bei ihren Vereinen. Bayern-Fantrikots vertreibe ich weiter genauso wie die von Schalke, dem SC Freiburg oder Dortmund.
So vorausschauend waren Sie also schon.
Klar. Ich möchte schließlich auch die Kinder und Jugendlichen, die Bayern-Fans sind, zufrieden stellen. Dadurch dass ich den hiesigen Schalke-Fanclub „Blau-weiße Schwarzwald-Elche“ leite, erziele ich mit den „Königsblauen“ in Lahr mehr Umsatz als normal. Außerdem geht bei uns der SC Freiburg als regionale Marke. Ein Trikot des Hamburger SV verlangt hier hingegen kaum einer. Nur die Bayern verkaufen sich überall.
Wie hat die Kundschaft auf Ihre Anzeige reagiert?
Mein Telefon hat mindestens 50 Mal geklingelt. Die Resonanz war schätzungsweise zu 60 Prozent negativ, 40 Prozent amüsierten sich darüber. Neben Glückwünschen gab es leider auch viele, die das falsch verstanden haben. Die wurden richtig aggressiv und bedrohten mich. Das hat mich dann doch wirklich erschreckt.
Welche Drohungen wurden ausgestoßen?
Das ging von Zerstörung meines Geschäfts bis hin zu Attentatsdrohungen. Dadurch habe ich gemerkt, dass manche sehr verbohrt reagieren, keinen Witz verstehen und ich sie in ihrer Ehre verletzt habe.
Wie wirkte sich die Anzeige auf Ihre Kasse aus?
An den ersten zwei Tagen positiv.
Nun steht das Pokalfinale gegen Union Berlin an. Ein richtiger Ersatz für die verpasste Meisterschaft ist das ja wohl nicht.
So wie es lief, natürlich nicht ganz. Es wäre aber zumindest wieder ein großer Erfolg, so dass nach dem Uefa-Pokal-Sieg 1997 wieder ein weiterer Titel auf den Briefkopf stünde. Seit 1972 warten wir schließlich auf ein Pokalfinale.
Wie lautet Ihr Tipp?
Wenn wir aber nur ein bisschen Glück haben wie die Bayern, gewinnen wir 4:3 im Elfmeterschießen.
INTERVIEW: HARTMUT METZ
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