: Bushs Albtraum aus Vermont
Der US-Senator, dessen Parteiaustritt die Mehrheit kippt, galt den Republikanern schon lang als verkappter Demokrat
Ein kleiner Staat ganz oben im Osten der USA, fast schon Kanada – das ist Vermont. In dem „Green Mountain State“ ticken die Uhren anders. Umwelt ist wichtig, Soziales ebenso: Auf den grünen Wiesen grasen die Kühe, die einen wichtigen Wirtschaftsfaktor ausmachen; Vermont war der erste Staat, der das Verbot der Sklaverei in seine Verfassung aufgenommen hat. Mit den eigensinnigen Einwohnern ist nicht zu spaßen. Das weiß eigentlich jeder in den Vereinigten Staaten von Amerika. Seit Donnerstag auch Präsident George W. Bush.
Der Senator James Jeffords, „Jim“ genannt, ist ein waschechter Vermonter. Das hat er nicht nur damit gezeigt, dass er seine Erklärung am Donnerstag mit „I love the State of Vermont“ begonnen hat. Sondern auch mit der Entscheidung, die er darin verkündete: „Um den Staat Vermont, mein eigenes Gewissen und die Prinzipien, für die ich mein ganzes Leben eingetreten bin, am besten vertreten zu können, werde ich die Republikanische Partei verlassen und ein Unabhängiger werden.“
Der 67-Jährige war eigentlich schon immer linker als seine Parteikollegen. Und er hat sich selten der Partei gebeugt. In den 80ern war er der einzige Republikaner, der gegen die Steuersenkungspläne des damaligen Präsidenten Ronald Reagan stimmte. Und natürlich gehörte der Harvard-Absolvent auch 1998 zu den wenigen Republikanern, die Clinton trotz der Lewinsky-Affäre im Amt halten wollten.
In seiner 25-jährigen Karriere als Abgeordneter – zuerst im Repräsentantenhaus, von 1988 an als Senator – hat Jeffords immer wieder durch liberale Positionen von sich reden gemacht. Er sprach sich für ein Recht auf Abtreibung aus und für die Gleichberechtigung von Homosexuellen – kein Wunder, dass er in den eigenen Reihen nicht besonders beliebt ist. Für ihn selbst am wichtigsten sind aber Umwelt und Soziales, besonders Bildungsfragen.
Eine Konfrontration mit Präsident Bush ließ natürlich nicht lange auf sich warten. Doch der Mann mit dem schwarzen Gürtel in Taekwondo hat den Konflikt nicht gescheut und Bush immer wieder klar gemacht, was er von dessen Politik hält. Dass es ihm nicht passt, wenn Bushs Energiepläne die Luft in Vermont zu verschmutzen drohen. Dass es ihm nicht passt, wenn Bush die Steuern um 1,6 Billionen Dollar senken will, um die Reichen zu entlasten.
Bush seinerseits hat den Vater von zwei erwachsenen Kindern mehrfach spüren lassen, dass er ihn nicht mag. So hat er ihn Ende April nicht zur Ehrung des Lehrers des Jahres eingeladen, obwohl Jeffords Vorsitzender des Senatsausschuss für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Rente ist. Und obwohl die Geehrte aus Vermont stammt.
Enttäuscht von Jeffords’ Entscheidung werden ein paar gute Freunde von ihm sein. Zum Beispiel der ehemalige republikanische Senator und jetzige Justizminister John Ashcroft, mit dem zusammen er regelmäßig in dem Quartett „The Singing Senators“ singt.
Doch die Vermonter werden es schon verstehen. Und wahrscheinlich gut finden. Schließlich wählen sie seit 1991 den unabhängigen Kandidaten Bernie Sanders ins Repräsentantenhaus. Ein unabhängiger Abgeordneter wurde in den USA zuletzt in den 50ern gewählt. Die Vermonter sind eben anders.
ULRIKE KLODE
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