: Flughafengegner geben Schub
Großdemonstration gegen den geplanten Ausbau von Schönefeld. Flughafengegner werfen Landesamt vor, sich dem Diktat der Regierungen zu beugen und Anhörung nicht ordnungsgemäß durchführen zu wollen. Marathonhearing beginnt am 31. Mai
Gegen den geplanten Ausbau des Großflughafens in Schönefeld haben gestern über 1.500 Menschen in Diepensee (Kreis Dahme-Spreewald) demonstriert. Die Kundgebung richtete sich sowohl gegen die befürchtete Lärmbelästigung durch den für 2007 anvisierten Singel-Airport als auch gegen das beginnende Verfahren zur Bürgerbeteiligung.
Zugleich, so der Bürgerverein Brandenburg-Berlin (BVBB), verdeutliche das Unglück am Tempelhofer Flughafen in der vergangenen Woche die Gefahren eines Flughafens inmitten eines Siedlungsgebiets. Am Donnerstag war ein Kleinflugzeug beim Landeanflug über Neukölln abgestürzt, in einen Hinterhof gestürzt und ausgebrannt. Die beiden Piloten kamen dabei ums Leben, Anwohner dagegen erlitten keinen Schaden.
Die Gegner des geplanten Großflughafens BBI in Schönefeld befürchten insbesondere Benachteiligungen bei der am 31. Mai startenden Bürgeranhörung. Auf der Kundgebung bezeichnete der Vorsitzende des Bürgervereins, Ferdi Breidbach, die Anhörungsbehörde, das Brandenburgische Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen, als „parteiisch“.
Es sei das Ziel der Behörde, so Breidbach, die planmäßige Inbetriebnahme des Großprojektes im Jahr 2007 „gegen den Bürgerwillen durchzusetzen“. Er kündigte an, das laufende Verfahren mit „allen rechtlichen Mitteln“ zu bekämpfen, und brachte Stendal in der Altmark als Alternativstandort für den Airport in Schönefeld wieder ins Gespräch. In Verbindung mit der Kundgebung wurde eine mögliche Belästigung der örtlichen Anwohner durch Fluglärm simuliert.
Der stellvertretende PDS-Landesvorsitzende Stefan Ludwig forderte eine Neuausschreibung für einen „sinnvollen“ Flughafenstandort unter Berücksichtigung des Fluggastaufkommens und der wirtschaftlichen Effekte für ganz Ostdeutschland und Berlin.
Nach Einschätzung Breidbachs hat bereits die erste Anhörungsrunde für Träger öffentlicher Belange unter dem „Diktat 2007“ gestanden. Die für die zweite Anhörung angemietete Rathenauhalle in Berlin-Oberschöneweide sei wegen ihrer Dimensionen und ihrer mangelhaften Verkehrsanbindung ungeeignet für eine Bürgeranhörung, kritisierte der Flughafengegner. Das Gebäude fasse nur bis zu 5.000 Menschen. Breidbach betonte aber, die Flughafengegner würden beweisen, dass sie sich „nicht vorführen lassen“. Schließlich habe der Protest gegen den BBI-Airport zur „größten Volksabstimmung“ in Berlin und Brandenburg geführt.
Breidbach kritisierte die Entscheidung des Landesamtes, das von seinem ursprünglichen Angebot abgerückt sei und dem BVBB am Ort der Bürgeranhörung nun doch kein Büro für Beratungsarbeit zur Verfügung stelle. Ludwig sagte, der Großflughafenstandort Schönefeld sei politisch, wirtschaftlich und finanziell eigentlich bereits gescheitert. Das Projekt könne nicht gegen die Bevölkerung durchgesetzt werden.
Er monierte, dass Brandenburg trotz seiner desolaten Haushaltslage in diesem Jahr 55 Millionen Mark für die Flughafenplanung ausgebe. 2007 als Datum der Inbetriebnahme sei sowieso „nicht mehr realistisch“ und müsse auf 2009 korrigiert werden.
Das Anhörungsverfahren gilt als bislang größtes in Deutschland. Insgesamt sind 133.000 Einwendungen gegen das Milliardenprojekt eingegangen. Ab Ende Mai bringen die Bürger 4.000 Sachargumente gegen den BBI-Flughafen vor.
Die Kritik richtet sich insbesondere gegen den Fluglärm, große Schadstoffbelastungen, Umwelteingriffe, Unfallgefahren und Verkehrsanbindungen.
ROLA, DPA
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