Keine Träne tief

■ Polizei weint Wrocklage nicht hinterher

Die Reaktionen zum Wechsel in der Innenbehörde verblüffen nicht. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) „begrüßt“ erwartungsgemäß den Rücktritt Wrocklages. Er habe nicht als „Anwalt der Sicherheit“ fungiert, sondern Haushaltskonsolidierung, Verwaltungsmodernisierung und Sparmaßnahmen in den Vordergrund gestellt. Für den DPolG-Chef und CDU-Bürgerschaftskandidaten Joachim Lenders hat sich Wrocklage in den letzten Monaten von „Beratungsresistenz zum offensichtlichen Realitätsverlust“ gesteigert.

Der Sprecher der Bundesarbeitgemeinschaft Kritische PolizistInnen, Thomas Wüppesahl, wertet den Rücktritt Wrocklages als „volle Notbremse“. Nach der Abfuhr bei auswärtigen Kandidaten wie dem Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung und Ex-Hamburger Polizeipräsidenten, Ernst Uhrlau, habe Bürgermeister Ortwin Runde mit Scholz sein „politisch größtes Pfand in den Ring geworfen“.

Auch der Chef der Gewerkschaft der Polizei, SPD-Mann Konrad Freiberg, weint Wrocklage keine Träne nach. „Ich hoffe, dass bei der Inneren Sicherheit künftig stärker auf die Bedürfnisse der Bürger eingegangen wird.“ Aus Freibergs Umfeld soll die Steilvorlage gekommen sein, die letzendlich zum Abschuss von Wrocklage zu diesem Zeitpunkt geführt hat: Durch die gezielte Information, Polizeisprecher Reinhard Fallak werde als Revierleiter ohne Beförderung kaltgestellt, weil er sich geweigert habe, plumpe Pressemitteilungen gegen Attacken der Opposition zu schreiben, wurde die Medien-Kampagne ausgelöst.

Olaf Scholz gilt im Polizeiapparat als Nobody. Daher herrscht Skepsis, ob nicht mit dem Arbeitsrechtler nun auch noch ein Mann an der Spitze der Innenbehörde steht, der wie der Polizeipräsident Justus Woydt bei vielen PolizistInnen als fachlich inkompetent gilt. Beliebt unter den Polizei-Hardlinern ist dagegen der neue und alte Innenstaatsrat Dirk Reimers. Unter Innensenator Hackmann deckelte er so manche Polizeiaffäre, bis Hackmann 1994 wegen des Polizeiskandals zurücktrat. Kai von Appen