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Sponsor gut, alles gut?

■ Bremens Unternehmer und die Kulturszene bewegen sich aufeinander zu: Der Flirt wird immer intensiver

„Die Unternehmen sind williger geworden.“ Manuela Rousseau, PR-Chefin der Beiersdorf AG, sieht Kultursponsoring auf dem Weg in eine verheißungsvolle Zukunft. Ihr Vortrag im Rahmen des Sponsoring-Symposiums von „Kulturmanagement Bremen“ (KMB) und Handelskammer ließ den Schütting überquellen, so zahlreich waren Bremens Kulturschaffende erschienen, um die frohe Botschaft zu vernehmen. Zwar schränkte kurz darauf Bremen-Vermarkter Klaus Sondergeld ein: „Bei der Suche nach Sponsorengeld braucht man immer noch eine sehr hohe Frustrations-Toleranz.“

Aber umso interessierter zeigten sich die Kulturler an konkreten Handreichungen, wie z. B. den „10 Schritten bei der Sponsorsuche“. Donate Fink von der KMB erläutert den Grundgedanken: „Kulturschaffende müssen sich gegenüber den Unternehmen nicht als Bittsteller fühlen. Es geht um Partnerschaft, in der die gegenseitigen Interessen möglichst transparent gemacht werden müssen – am besten durch ausgefeilte Sponsoringverträge.“ Dort sollen Leistung und Gegenleistung genauestens definiert und Fallstricke des Steuerrechts vermieden werden. Sponsoring wird zum feingeschliffenen Marketing-Instrument. Hans-Joachim Genzmer von der Stadtsparkasse: „Früher haben wir unser Geld einfach mit der Gießkanne verteilt. Aber jetzt setzen wir auf gezielte Maßnahmen.“

Während Wolfram Brodtmann von der Bremer Landesbank die Unerlässlichkeit eines Erfolgs-Controllings betont („es ist nicht immer leicht, mit uns als Sponsor zusammen zu arbeiten“), lässt man beim Lebensmittelriesen Kraft auch mal „fünfe grade sein“. Kraft-Mann Rolf Sauerbier: „Genaue Erfolgs-Messungen sind in diesem Bereich sowieso nicht machbar.“ Umso wichtiger sei also die passende Partnerwahl: Die Zielgruppen von Kultureinrichtung und Firma sollten möglichst übereinstimmen, meint Manuela Rousseau und ergänzt schalkhaft: „Einen potenziellen Ehepartner suche ich mir ja auch ziemlich genau aus.“

Die Bremer Kulturszene gibt sich durchaus paarungswillig. Der Aufruhr, den das „Junge Theater“ 1993 durch seinen 30.000-Mark-Vertrag mit „West“ auslöste, ist nur noch Historie. Carsten Werner erinnert sich: „Damals hieß es, die machens mit dem Klassenfeind.“ Mittlerweile aber zieht die Sponsoring-Idee immer weitere Kreise. Auch die Bremer Kirchenmusik kümmert sich um Kontakte zur Wirtschaft. Stephani/Immanuel-Kantor Tim Günther: „Wir brauchen das Geld dringend. Deswegen gehe ich schon eine ganze Weile zu den Treffen mit der Handelskammer.“ Mercedes Benz zwar wäre wegen der Rüstungsgeschäfte kein Kooperationspartner für den jungen Kantor. Andererseits muss es auch nicht unbedingt eine Orgelbaufirma sein. Günther: „Unsere große Messias-Aufführung im Mai wurde zum Beispiel von Becks gesponsort.“

Uwe A. Nullmeyer von der Handelskammer spricht angesichts der „unglaublich vielfältigen Kulturförderung“ durch die Wirtschaft gar von einem „glücklichen Bremen“. Doch nicht immer lassen sich Sponsoren so elegant einbinden wie Microsoft, der zur Piratenausstellung im Übersee-Museum einen Schaukasten über Produktpiraterie in der Computerwelt beisteuerte. Bei der derzeitigen „Wege nach Asien“-Schau des Museums ist die Werbepräsenz nicht gerade dezent.

Geldgeber wissen eben, was sie wollen. Sauerbier, dessen Firma nach eigenen Angaben jährlich mit Millionen sponsort, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wir wollen den Verbraucher von allen Seiten packen.“ Die neue Idee im Kultur-Sponsoring: Auch die mittleren und kleinen Unternehmer sollen dessen Vorzüge für sich entdecken. Also kreative Bandförderung statt stumpfer Anzeigenschaltung auch für Normal-Betriebe? Nullmeyer meint: „Für den Gemüsehändler an der Ecke gilt im Prinzip das gleiche wie für die großen Unternehmen: Durch Kultursponsoring können sie Sympathien gewinnen, sich von der Konkurrenz absetzen und die Kundenbindungen vertiefen.“

Die Handelskammer plant bereits einen Stiftungstag und eine „Kulturbörse“, auf der sich potenzielle Sponsorpartner aller Größenordnungen kennenlernen sollen. Donate Fink vom KMB ergänzt: „Wir wollen die Kulturschaffenden ermuntern, mit ihrem Pfund Öffentlichkeit auch wirklich zu wuchern.“ HB

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