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Entschädigung kann fließen

NS-Zwangsarbeiter: In einem gemeinsamen Beschluss stellen die Bundestagsfraktionen endlich eine „ausreichende Rechtssicherheit“ für deutsche Firmen fest

BERLIN taz ■ Nach monatelangem Streit hat der Bundestag gestern den Weg für die Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter frei gemacht. Das Parlament stellte „ausreichende Rechtssicherheit“ für deutsche Firmen vor Klagen in den USA festgestellt. Der fraktionsübergreifend eingebrachte Antrag wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Die Entschädigung, so Kanzler Gerhard Schröder in seiner Erklärung, setze ein Zeichen dafür, dass Deutschland sich seiner Verantwortung bewusst sei „und das auch so bleibt“.

Doch auch wenn sich die Abgeordneten über die Bedeutung des Entschädigungsprojektes einig waren – die Bundestagsdebatte verlief nur scheinbar harmonisch. So konnte sich SPD-Fraktionschef Peter Struck einen Seitenhieb auf die Union nicht verkneifen: Diese Regierung habe geschafft, was ihre Vorgängerinnen nicht vermocht hätten. Seit den 50er-Jahren habe die Bundesrepublik Entschädigungsleistungen von nahezu 100 Milliarden Mark geleistet, entgegnete Vize-Unionsfraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU). Es müsse erlaubt sein, zu erinnern, dass „unser Land in den letzten Jahrzehnten dieses Kapitel nicht verdrängt hat“.

Während er mit diesem Einwurf nur müdes Lächeln bei den Regierungsfraktionen erntete, löste seine Forderung nach humanitärer Hilfe auch für frühere deutsche Zwangsarbeiter Protestrufe aus. Die Ablehnung der Regierung, fuhr Bosbach unbeirrt fort, müssten diese als Brüskierung empfinden.

Eine Mahnung sandte der CDU-Politiker auch an die Adresse der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft. Diese solle ihren Fondsanteil von fünf Milliarden Mark rasch auf das Konto der Bundesstiftung überweisen – „und zwar mit allen Zinsen“. Der Zweck des Stiftungsvermögens könne nicht sein, Zinsen zu erwirtschaften. Diese sollten daher den Opfern zugute kommen.

Der Sondergesandte des US-Außenministeriums für Holocaust-Fragen, James Bindenagel, wurde deutlicher. Er forderte die Wirtschaft gestern auf, ihren vollen Anteil an den Entschädigungen für ehemalige NS-Zwangsarbeiter zu leisten. „Es wird nach der Entscheidung des Bundestages fällig.“ Die Stiftungsinitiative weigert sich bisher, mehr als die in der „Gemeinsamen Erklärung“ vom Juli 2000 zugesagten 100 Millionen Mark Zinsen zu zahlen. Zudem hatte sie am Dienstag angekündigt, zunächst lediglich die bereits eingesammelten 3,1 Milliarden Mark zu überweisen und den Rest erst „in den nächsten Tagen“ zu zahlen.

NM

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