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zwischen den rillenSpaniens Rumba-König im Remix: Peret

Der katalanische Tiger

„Singe und sei fröhlich“, forderte Peret 1973 sein Publikum auf, als er sein Land beim Grand Prix vertreten durfte. Doch der Appell an die gute Laune nützte dem Katalanen nichts: Abba aus Schweden übertrumpften ihn im europäischen Chanson-Wettbewerb mit „Waterloo“, ihrem späteren Hit.

Damals galt Peret zu Hause bereits als Nationalheld, der Spaniens leichte Frohsinnskultur in den Adelsstand erhoben hatte. Bis heute regiert seine „Rumba Catalana“, die mehr latino- als flamencogefärbt ist, als ohrwurmiger Spaßgarant die Fiestas und erfreut sich großer Beliebtheit über alle Generations- und IQ-Grenzen hinweg. Für Peret selbst war in den Achtzigern allerdings Schluss mit lustig: Mehr als zehn Jahre lang hatte er sich ganz von der Musik zurückgezogen und sich ganz der religiösen Buße verschrieben. Erst in den Neunzigern kehrte er vom Betstuhl wieder auf die Bühne zurück, als wäre nichts gewesen, wie eh und je mit seiner Gitarre, deren markantes Geschrammel man noch auf den Fotos zu hören glaubt. 1992 feierte Peret ein furioses Comeback, als er zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Barcelona das Stadion mit seinen Stimmungshits beschallte.

Um die sechzig Jahre alt muss Pedro Pubill Calaf alias Peret heute sein (bei ordentlichen Legenden ist das mit dem Alter ja so eine Sache), und mit seinen breiten schwarzen, mittlerweile wohl nachgefärbten Koteletten und dem weißen Hemdkragen überm Revers erinnert er ein wenig an Tom Jones. Wie diesem gelang auch dem katalanischen Tiger auf seine alten Tage ein durchaus eleganter Sprung in den Jungbrunnen. Auf „Peret. King Of The Gipsy Rumba“ knöpft sich der Sänger und Gitarrist, umkreist von jungen Musikerkollegen diverser Genres, seine eigenen Klassiker noch einmal vor. Und siehe da: Seine vom Mambo wie dem Rock ’n’ Roll inspirierte, durch ihn patentierte Rumba eignet sich als Spielfeld für die unterschiedlichsten Stilübungen

Den Gassenhauer „Borriquito“, der einst schon über den Rückweg des Tourismus bis in unsere Breiten gelangte, überführt der Altmeister mit der mexikanischen Band El Gran Silencio ins Mariachi-Cumbia-Format. Mit der Gruppe Sargento García geht es in eher karibische, mit Macaco aus Barcelona in brasilianische Gefilde. Und mit dem baskischen Dub-Revoluzzer Fermín Muguruza verlegt sich „MC“ Peret erstmalig aufs Baskische, sowie sein Stück „Voy, voy“ ins Dub- und Drum-&-Bass-Fach.

Ob Rockbands wie Jarabe de Palo, die Katalanen Dusminguet oder die Sängerin Amparanoia, die zur Clique um Manu Chao gehört: alle Beteiligten zählen zur innovativen Elite der neuen spanischsprachigen Szene. Und alle haben sie, direkt oder über ihre Eltern, schon frühzeitig Gefallen gefunden an den Evergreens aus dem Barrio von Barcelona, die sie nun einer ebenso liebevollen wie originellen Neulektüre unterziehen. Der einzige nicht spanische Beitrag kommt von David Byrne, der dem Rumba-König mit einem Duett seinen Tribut zollt. Und warum nicht? Peret ist schließlich für alle da.

KATRIN WILKE

Peret: „King of the Gipsy Rumba“ (Chewaka/Virgin)

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