: Söldner, Milizen und Rebellen
Der Kampf um die Kontrolle der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik zwischen regierungstreuen und meuternden Soldaten ist zum regionalen Konflikt geworden
BERLIN taz ■ Mit internationaler Unterstützung schlägt die Regierung der Zentralafrikanischen Republik den Anfang der Woche begonnenen Putschversuch von Teilen der Armee nieder. 100 Soldaten aus Libyen, 200 Kämpfer der Rebellenbewegung MLC (Bewegung zur Befreiung des Kongo) aus der Demokratischen Republik Kongo und eine unbekannte Anzahl von Soldaten aus dem Tschad sind in den letzten Tagen in der Hauptstadt Bangui gelandet und kämpfen gegen die rebellierenden Truppen, die sich seit dem Scheitern ihres Angriffs auf den Präsidentenpalast am Montag im Süden von Bangui sowie in der großen Armeekaserne Kassai verschanzt halten. Gestern meldete die Regierung die Rückeroberung Kassais. Ein tropischer Regenguss habe dann weiteres Vordringen verhindert. Augenzeugen berichten von Hinrichtungen von Meuterern auf offener Straße und einer Jagd auf Angehörige der Yakoma-Ethnie, aus der der als Chef der Meuterer verdächtigte Expräsident André Kolingba stammt.
Seit 1996 hat Präsident Ange-Felix Patassé, der 1993 seinen Vorgänger Kolingba in freien Wahlen besiegte, schon drei Armeemeutereien überstanden, jedes Mal mit Hilfe des Auslands. Ein Grund für die Meutereien war, dass Patassé die bisherigen, von Kolingbas Yakoma-Ethnie dominierten Streitkräfte zugunsten einer neuen, aus seiner eigenen Volksgruppe zusammengestellten Präsidialgarde marginalisiert hatte. Zur Rettung Patassés intervenierte zunächst das Nachbarland Tschad, dann eine regionale Eingreiftruppe. Sie verhinderte Patassés Sturz, nicht aber die Teilung Banguis zwischen den kämpfenden Fraktionen. Dies gelang erst einer 1998 entsandten UN-Blauhelmmission, die sich den Neuaufbau der Armee zum Ziel setzte. Die Zentralafrikanische Republik hatte vorher nie eine richtige Armee, da bis 1998 Frankreich mit mehreren tausend Soldaten im Land die Ordnung sicherte.
Im Rahmen der Neustrukturierung der Armee wurden viele Yakoma-Soldaten entlassen, behielten jedoch ihre Waffen trotz aller UN-Entwaffnungsaktionen. Seit Abzug der UNO 1999 sorgen entlassene Soldaten für Gewaltkriminalität, die mit Angriffen auf Diplomaten aus Libyen und Tschad, Patassés engsten Verbündeten, auch politische Züge angenommen hat. Außerdem häufen sich Generalstreiks wegen Nichtzahlung von Gehältern – ein günstiges Klima für einen neuen Putschversuch.
Diesmal aber zieht der Konflikt weitere Kreise als sonst. Kolingbas Anhänger griffen nämlich auf Söldner zurück, die sie im benachbarten Kongo aufgegabelt haben – Bangui liegt direkt an der kongolesischen Grenze. Regierungsangaben zufolge rekrutierten die Meuterer im Kongo zwei ruandische Hutu-Generäle mit 300 Untergebenen. 1996 bis 1997 waren tausende ruandische Hutu-Soldaten aus dem damaligen Zaire in die Zentralafrikanische Republik geflüchtet; 1998 hatte Patassé die Ruander an Kongos Präsident Kabila ausgeliefert, der sie in seine Armee zum Kampf gegen Kongos Rebellen steckte. Viele von ihnen flohen erneut, als die MLC-Rebellen vor einem Jahr den Nordwesten des Kongo eroberten. Schon damals wurden Befürchtungen laut, Kolingba könne unter diesen versprengten Einheiten Söldner sammeln.
Das Eingreifen ruandischer Hutu-Kämpfer in Bangui erklärt, warum jetzt auch die MLC eingreift. Damit wird die Zentralafrikanische Republik zu einem Nebenschauplatz des Kongokrieges. Dies erklärt die ungewohnt scharfe Reaktion der USA, die sich für dieses Land sonst nie interessiert haben. Man werde Libyens Eingreifen nicht hinnehmen, sagte das US-Außenministerium. DOMINIC JOHNSON
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