: Zugriffe aufs Archiv
Die kalifornische Band Breakestra spielt Funk und ist HipHop. Unterschiede zwischen Offensichtlichem und Obskurem gibt es bei ihren Coverversionen nicht – viel Anschauungsmaterial für eine Geschichtsstunde über den Break
Wenn eine Platte mit Coverversionen von Funkklassikern erscheint, führt kein Weg an der Frage nach dem Nutzwert vorbei. Zumal wenn, wie bei Breakestra, einem zehnköpfigen Kollektiv aus Los Angeles, das Ziel die größtmögliche Nähe zum Original zu sein scheint und die Läden voll stehen mit Reissues.
Doch hier liegen die Dinge ein bisschen anders: Es geht zwar um Konservierung, aber nicht im nostalgischen Sinne einer Oldie-Revue. Breakestra sind auch keine im falschen Jahrzehnt geborenen Freaks, die vor dem Auftritt ihre 70er-Jahre-Anzüge ausbürsten. Sie sind eher erwachsen gewordene B-Boys, die den Break von Bobby Byrds „Hot Pants, I’m Comin’ “ nicht hören können, ohne im anderen Ohr Big Daddy Kanes Stimme zu haben: „R-A-W“. Keep Funk alive, ja klar. Funk wie in – HipHop.
„The Live Mix Part 2“ ist ein durchgespieltes Set mit Funk-Tracks, ein DJ-Cut-Up mit instrumentalen Mitteln. Bei der Titelauswahl wurde genauso wenig zwischen Offensichtlichem und Obskurem differenziert, wie Afrika Bambaataa bei seinen frühen DJ-Sets einen Unterschied zwischen Rock und Rufus Thomas gemacht hat. „Sing A Simple Song“, gefolgt von „Sexy Coffee Pot“ von Tony Alvon And The Belairs. Wichtig ist, was für HipHop wichtig war: der Break.
Die Geschichte von HipHop als Produkt begann ja Ende der 70er-Jahre ebenfalls mit Musikern, die aktuelle Disco- und Funkinstrumentals Note für Note nachspielten und dabei eine als DJ-Technik geborene Idee aufgriffen, um sie im selben Augenblick wieder unkenntlich zu machen: Der Break war im Geiste von Disco zum Loop geworden. Hier dagegen wird der Bruch mitgedacht. Der Zugriff aufs Archiv verläuft über dessen frühere Verwerter.
Breakestra folgen also der zirkulären Route des Breaks, und was dabei herauskommt, ist eine Hommage an das HipHop-Zeitalter von circa 1987 bis 1992, die Ära zwischen Drumcomputer-Exzessen und phetter Dutzendware. Von Ultramagnetics „Funky“ bis zur Deklaration Large Professors: You’re faking the Funk! In den Album-Credits stehen dann auch neben den kanonischen Funksters die Namen der next generation of beat makers: 45 King, Paul C., Pete Rock, Organized Konfusion ... Und die Kompilatoren der „Ultimate Breaks and Beats“-Reihe sind in einer Reihe mit den Originalproduzenten aufgeführt.
HipHop unterteilt nicht nur die eigene Lebenszeit in Schulen, sondern ist selbst auch immer Lehrer gewesen. Breakestra liefern das Anschauungsmaterial für die Geschichtsstunde und machen aus ihr eine kalifornisch rockende Blockparty.
KARSTEN KREDEL
Heute Abend, ab 21 Uhr, Maria am Ostbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8 – 10, Friedrichshain
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