: Gen-Idee nützt Clement nix
Auch zu Hause in NRW kommt Wolfgang Clements Plädoyer für Stammzellenimporte schlecht an. Erstmals gibt es wieder Ärger bei Rot-Grün. Nur Möllemann lobt – und steht für eine Koalition bereit
aus Köln PASCAL BEUCKER
Wolfgang Clement hat nicht nur Ärger mit Bundeskanzler Gerhard Schröder. Auch im eigenen Land erntet er Empörung, weil er letzte Woche den Import embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken unterstützt hat. Die CDU-Opposition verlangt, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident solle sich in einer aktuellen Stunde des Landtags für sein Vorpreschen rechtfertigen. Clement handele unverantwortlich, kritisierte CDU-Landes- und Fraktionschef Jürgen Rüttgers. Er bringe NRW als Biotechnologie-Standort in Gefahr, da er mit seinen Äußerungen die Akzeptanz der Gentechnik in der Bevölkerung riskiere. Clement will die Kritik nicht gelten lassen. Auch er hält die Gen- und Biotechnologie für einen lukrativen Zukunftsmarkt, von dem er sein Land nicht abgekoppelt sehen will. „Wir sollten dieses Fenster nutzen“, fordert der SPD-Politiker, der berühmt und berüchtigt ist für sein Faible für neue Technologien. Wenn die Politik auf Dauer Nein zu Stammzellenforschung und Präimplantationsdiagnostik (PID) sage, bestehe die Gefahr, dass diese Forschung in Deutschland nicht mehr stattfinde, warnt er.
Bei seinem grünen Regierungspartner stößt er dabei auf Unverständnis. Clement hat für deutliche Missstimmung in der seit Monaten um größte Harmonie bemühten ehemaligen „Streitkoalition“ gesorgt. Sein unabgesprochener Vorstoß ist für die Grünen eine Provokation. So attackierte denn auch die Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann zum ersten Mal in diesem Jahr öffentlich den Ministerpräsidenten. Clements Agieren sei „fragwürdig“. Aus grüner Sicht sei die Forschung an embryonalen Stammzellen nicht mit dem Geist des geltenden deutschen Embryonenschutzgesetzes vereinbar. Die Grünen erwarteten „im Übrigen, dass eine Förderentscheidung von solcher Tragweite nicht vom Ministerpräsidenten allein, sondern in der Koalition gemeinsam getroffen wird“, so Löhrmann.
Die ethischen Bedenken der Grünen kann Clement nicht nachvollziehen. „Auch die Suche nach Heilungsmöglichkeiten für bisher unheilbare Krankheiten ist ethisch geboten“, kommentierte der SPD-Parteivize. Mit seinem Vorstoß befinde er sich zudem auf der Linie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Am 4. Juli wird der DFG-Hauptausschuss in Berlin über den Förderantrag zur Erforschung embryonaler Stammzellen des Bonner Neuropathologen Oliver Brüstle beraten. Falls die DFG positiv entscheide, „dann werden die öffentlichen Mittel auch zur Verfügung stehen“, kündigte Clement an. Ob er zuvor den kleinen Koalitionspartner konsultieren will, verriet Clement nicht.
Eine Landtagsmehrheit für seine Linie hat er so oder so. Denn Unterstützung erhält der NRW-Ministerpräsident von Jürgen W. Möllemann, der keine Gelegenheit auslässt, um Koalitionsdifferenzen auszunutzen. Grundsätzlich müssten bei der Stammzellenforschung als auch bei PID zuerst die Chancen und erst dann die Risiken gesehen werden, forderte der nordrhein-westfälische FDP-Chef.
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