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Zähs zäher Zeitungskampf

Wohngemeinschaft mit Patriarch: Obwohl die Freiburger „zus.“ wegen verfehlter Finanzpolitik eingestellt worden ist, hält sowohl ein Großteil der LeserInnen als auch der RedakteurInnen dem Blattchef die Treue. Der feilt indes an neuen Projekten

aus Freiburg ALEXANDER KÜHN

Nicht wenige Menschen hätten gute Gründe, auf Michael Zäh sauer zu sein. Etwa die Redakteure, die mit ihm in Freiburg die Tageszeitung zus. aufgebaut hatten, nach drei Monaten deren Ende erleben mussten und nun für seine Zeitung zum Sonntag auf Teilzeitbasis arbeiten. Oder die ehemaligen Redakteure und freien Mitarbeiter, die noch immer auf ihr Honorar warten. Und mehr als 6.000 Freiburger, die das neue Blatt abonniert hatten.

Jeder andere wäre damit automatisch der Buhmann des Badnerlands. Nicht jedoch Michael Zäh. Nur zwei Prozent haben nach seinen Angaben ihr zus.-Abo gekündigt. Die restlichen 98 Prozent sind dabei geblieben, obwohl sie jetzt keine Zeitung mehr bekommen – wegen der Gimmicks, die sie mitabonniert haben: Sie dürfen im Thermalbad entspannen, ein Auto ausleihen oder den eigenen Wagen in die Waschanlage schicken. So wie die 45-jährige Logopädin, die entzückt ins Telefon flötet: „So oft habe ich mein Auto früher nie gewaschen.“ Zäh, das PR-Genie.

225.000 Mark Honorar müsse er noch ausbezahlen, sagt Zäh selbst. Dass es ihm Leid tue. Und dass die Aufregung verständlich sei. Welche Aufregung? Ein freier Journalist, der noch auf 1.200 Mark wartet, erklärt: „Das mit dem Geld ist nicht so schlimm. Es ist keine Wahnsinnssumme. Viel tragischer finde ich, dass die zus. eingestellt wurde.“

Auch frühere Redakteure haben noch Geld zu kriegen, einige haben sich mit Zäh bereits arrangiert. Denn etwas Böses scheint dem Freiburger Verlag keiner zu wollen. Einer der früh geflohenen zus.-Redakteure schwärmt noch immer vom „Spirit“, der alle zus.-ler zusammengeschweißt habe. Von ihrer Vision, eine gute Zeitung zu machen. Und berichtet von der Trauer, dass so früh Schluss sein musste.

Aber die gute Stimmung im eigenen Hause wird langsam mau. Wie ein Insider berichtet, habe das Image des Herrn Zäh schon ein paar Kratzer bekommen. Die Redaktion habe sich geärgert, als sich ihr Verleger im April in der zus. zu eben deren Ende geäußert hatte. In seinem Artikel erklärte er, die ungewöhnliche Zeitung habe wohl nicht den Geschmack der Leser getroffen.

Dass die Unterfinanzierung das Hauptproblem der ganzen Unternehmung gewesen sei, hatte der Verleger verschwiegen. „Zäh hat sich leider nicht um eine solide Finanzierung gekümmert“, erzählt ein früherer Mitarbeiter. „Stattdessen hat er sich lieber mit dem Layout der Titelseite beschäftigt.“

Doch trotz einiger Image-Kratzer: Immerhin 25 von 38 Redakteuren haben dem Haus die Treue gehalten – einige davon sogar angeblich Angebote anderer Medien ausgeschlagen. Auch nach einer Serie nicht eingehaltener Versprechen: Irgendwie schafft es der 43-Jährige immer wieder, Menschen für seine Ideen zu begeistern. Die zus.-Redaktion sei wie eine Wohngemeinschaft mit Patriarch gewesen, sagt einer der ehemaligen „Mitbewohner“ heute: Zäh, der Menschenfischer.

Der Mann denke wie ein Journalist, nicht wie ein Verleger, sagt ein anderer. Er sei ein mieser Geschäftsmann mit guten Ideen, meint ein Dritter. Doch für einen miesen Geschäftsmann versteht Zäh es recht gut, immer wieder Geldgeber an Land zu ziehen. Der dickste Fisch hieß Gruner + Jahr, verabschiedete sich bald wieder, hinterließ Zäh jedoch ein Abschiedsgeschenk von zehn Millionen Mark.

Die Verlags-AG des Herrn Zäh bestand ursprünglich aus drei Feldern: der Tageszeitung, deren Abo-Konzept yellow card und der Sonntagszeitung. Nach dem Ende der zus. sind’s nur noch zwei. Finanziell zusammengehalten wird der ganze Laden nun dank Peter Reiff. Der Offenburger Verleger (Offenburger Tageblatt) hat jüngst 51 Prozent der Zeitung zum Sonntag übernommen.

So neu ist er als Geldgeber allerdings gar nicht: Seit dem Börsengang des Zäh-Verlags hält Reiff 15 Prozent der Anteile am Gesamtunternehmen. Nur wusste das keiner. Bekannt war bisher nur, dass die Sonntagszeitung in Reiffs Haus gedruckt wird. Und damit erklärt sein Sprecher Jürgen Rohn auch das Interesse seines Chefs: „Das ist einfach ein interessanter Druckauftrag zu einer Zeit, wo sonst die Maschinen stillstehen würden.“

Beobachter sehen jedoch noch einen anderen Grund. Die Badische Zeitung leistet sich nämlich seit Anfang der 90er eine Redaktion in Offenburg – im Terrain von Reiffs Offenburger Tageblatt. Auch wenn in Offenburg das OT mit einer Auflage von 25.000 deutlich vor den 3.500 der BZ liegt – Konkurrenz stört eben. Gut vorstellbar, dass Reiff sich nur ein Druckmittel gegen die Badische Zeitung verschaffen wollte, nach dem Motto: Ich halte euch den Zäh vom Hals, dafür verschwindet ihr aus Offenburg. Von solchen Spekulationen will der Reiff-Sprecher freilich nichts wissen: „Ich kenne die Hintergedanken meines Verlegers nicht – ich bin doch kein Gedankenleser.“

Wie man sich erzählt, hatten jedoch die Badische Zeitung und Reiff schon Anfang des Jahres miteinander geflirtet. Damals, als sich abzuzeichnen begann, dass die Abonnenten wohl doch nicht der zus. die Tür einrennen. Von wem die Annäherungsversuche ausgingen, ist strittig. Was zählt, ist das Ergebnis: Jetzt liebt Reiff wieder Zäh.

Der gelobt indes Besserung auf allen Ebenen. Innerhalb der kommenden drei Wochen sollen alle ausstehenden Gehälter bezahlt sein. Seinen Lesern will Zäh noch mehr Zeitung zum Sonntag bieten. Und ansonsten befindet er sich dort, wo er sich am liebsten befindet: in Verhandlungen. Wie immer geht es um ein neues Projekt. Doch darüber könne er frühestens im August sprechen. Dass er sich noch mal an eine Tageszeitung traut, glaubt keiner. Ein Wochenmagazin gilt als wahrscheinlicher. Egal womit, egal mit wessen Geld, egal für wie lange: Zäh kommt wieder, keine Frage.

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