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Bremen soll zur Stadt-Steppe werden

■ Ein Viertel aller Straßensträucher soll abgeholzt und durch Gras ersetzt werden, sonst pflegt Stadtgrün bald gar nicht mehr / Einsparpotential: 100.000 Mark im Jahr / Grüne: „Popelsumme“

Bremens Grünflächen geht es an den Kragen: Jeder vierte Straßenstrauch soll abgeholzt und durch schnödes Gras ersetzt werden. Das forderte Umweltsenatorin Christine Wischer gestern in einer Vorlage für die Baudeputation. Büsche und Hecken an 147 Straßen in allen Stadtteilen sind betroffen.

Wischer will mit der Maßnahme jährlich 100.000 Mark sparen. Hintergrund: „Stadtgrün“, die stadteigene Firma, die die sogenannten „Straßenbegleitgrünflächen“ pflegt, geht das Geld aus. Seit 1996 muss „Stadtgrün“ durch Neubauten 26.000 Quadratmeter mehr Mittelstreifen und Straßenränder bewirtschaften. Die Mittel für die Grünpflege sinken aber, allein in diesem Jahr um 50.000 auf 1,55 Millionen Mark. Ohne Sparmaßnahmen würde „Stadtgrün“ die Straßenränder ab Oktober einfach wuchern lassen, heißt es in der Vorlage.

„Sträucher zu Grashalmen - das ist eine riesengroße Sauerei“, findet Karin Krusche von den Grünen. „Die Koalition sagt, Bremen wird immer schöner, kürzt aber dann bei „Stadtgrün“ das Geld. 100.000 Mark Einsparungen sind doch eine Popelsumme verglichen mit dem Grünwert, den die Sträucher bringen.“ Dabei koste der „Kahlschlag“ auch noch 250.000 Mark. Die Maßnahme amortisiert sich damit erst nach zweieinhalb Jahren. Auch Carsten Sieling von der SPD ist das Einsparpotential zu gering: „100.000 Mark sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Krusche kritisiert: „Immer mehr Straßen werden gebaut, aber das Geld für die Unterhaltung fehlt. Das senkt die Lebensqualität in Bremen.“ Die Baudeputation setzte Wischers Vorlage wegen der Kritik aller Parteien erst einmal aus. Auch die Ortsbeiräte sollen sich mit der Anti-Busch-Politik der Umweltsenatorin befassen.

An 40 Prozent aller Bremer Straßen stehen Sträucher und Büsche. Und tatsächlich ist die Pflege der betroffenen Bodendecker, Zwergmispeln, Schneebeeren oder Weißdornbüsche an den Straßen aufwändiger als die von grünem Gras. „Da müssen wir zweimal im Jahr mit der Heckenschere ran, damit die Radfahrer nicht irgendwann einen Zweig ins Gesicht kriegen“, sagt Günter Brandewiede von „Stadtgrün“. Das sei viel „mehr Fummelarbeit, als da ab und zu mit dem Rasenmäher drüber zu gehen.“ Deshalb schlug Stadtgrün vor, ein Viertel der Büsche durch „Magervegetation“ – vulgo Gras – zu ersetzen. Brandewiede: „Wenn wir nichts tun, ist die Verkehrssicherheit in Gefahr.“ Die Sträucher, die Anwohner vom Verkehr abschirmen, sollen erhalten bleiben.

Wischers Sprecher Holger Bruns verteidigt die Versteppung der Stadt: „Vor allem die vielen Bäume und Blumen prägen das Bild Bremens. Die Büsche sind nur Beiwerk, sie spielen für die Ortsteile nur eine untergeordnete Rolle.“ Die Umweltsenatorin müsse halt „überlegen, wie Kosten zu sparen sind, wenn nicht mehr genügend Mittel zur Verfügung stehen.“ Außerdem, so Bruns, seien „Büsche nicht unbedingt was Hübsches – viele werden als Mülleimer benutzt.“ In drei Wochen wird sich die Deputation erneut mit der Buschfrage beschäftigen. ksc

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