: Attac gegen Steueroasen
Globalisierungskritiker protestieren auf Segelbooten vor der britischen Insel Jersey
BERLIN taz ■ Mit einer Demonstration auf See vor der im Ärmelkanal gelegenen Insel Jersey hat am Sonnabend Attac, das Netzwerk für die demokratische Kontrolle der internationalen Finanzmärkte, gegen die Existenz von Steuerparadiesen und das internationale Finanzsystem protestiert.
Wie Hans Baier, Mitglied von Attac Deutschland, erklärte, fanden neben der Parade der Segelboote vor dem Hafen von Saint-Hélier, der Hauptstadt der Insel, auch auf Jersey selbst zahlreiche Aktionen durch die angereisten Attac-Delegierten statt. So gelang es beispielsweise einer kleinen Gruppe, mit Vertretern der Bankenaufsicht zusammenzutreffen und sie mit den durch Steueroasen hervorgerufenen Problemen zu konfrontieren.
Steueroasen sind vor allem durch niedrige Steuersätze, ein rigides Bankgeheimnis und fehlende beziehungsweise unzureichende Regulierung gekennzeichnet. Die besondere Attraktivität Jerseys für Steuerflüchtlinge rührt daher, dass Umsatz- oder Erbschaftssteuern nicht erhoben werden und die Einkommensteuer maximal bei 20 Prozent liegt. Zinseinkünfte und Spekulationsgewinne werden in Jersey ohne Steuerabzug ausgezahlt und sind offiziell im Heimatland der Bankkunden zu versteuern.
Besonders lukrativ ist die Gründung so genannter Briefkastenfirmen. Laut Angaben von Attac können Unternehmen, deren wirtschaftliche Aktivitäten außerhalb der Kanalinsel liegen, auf diese Weise ihren Firmensitz auf die Insel verlagern, um dort buchhaltungstechnisch ihren Gewinn anfallen zu lassen und mit einem Pauschalbetrag von 600 britischen Pfund oder einer Gewinnsteuer von 2 Prozent pro Jahr zu versteuern.
Wie der Spiegel berichtete, konnte auch Peter Kohl, Sohn des Exkanzlers Helmut Kohl, dieser Verlockung nicht widerstehen. Er betreibt eine Briefkastenfirma im Steuerparadies Jersey.
Nicht zuletzt wegen der Flucht in die Steueroasen hat in den letzten Jahren das Steueraufkommen aus Kapital und Vermögen stark abgenommen, während die steuerliche Belastung der Arbeitseinkommen und des Konsums anstieg. Schätzungen zufolge gehen allein in Deutschland in diesem Jahr 30 Milliarden Mark an Steuereinnahmen durch Steuerflucht verloren. Entwicklungsländer trifft dieses Problem ungleich härter. NP
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