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In Polen ist Ruhe Pflicht

Die Warschauer Politiker sind beunruhigt, dass das irische Votum den EU-Beitritt verzögert. Doch sie wollen es sich nicht anmerken lassen

WARSCHAU taz ■ In Polen bemühen sich Politiker aller Richtungen um Gelassenheit. Das irische Nein zum Nizza-Vertrag sei „keine Katastrophe“, beruhigt Präsident Alexander Kwasniewski. Es sei ein „Arbeitsunfall“, der sich so in anderen Ländern nicht wiederholen dürfe, da es den Erweiterungsprozess kompliziere.

Auch Jan Kulakowski, der Hauptverhandlungsführer Polens in Brüssel, wiegelt vorsorglich ab und schließt eine Gefährdung der Beitrittsverhandlungen aus. Die innere Reform der EU sei zwar eine Vorbedingung für die Aufnahme neuer Mitglieder. Der Ausgang des Referendums in Irland werde sich jedoch weder auf das Tempo noch auf die Qualität der Verhandlungen mit den Kandidaten auswirken. Und auch in den anderen Staaten Osteuropas bemühte man sich, Gelassenheit zu demonstrieren.

Dass unter den Beitrittsbefürwortern in Polen dennoch eine gewisse Nervosität ausgebrochen ist, zeigt die rasche Reaktion des Außenministeriums. „Wir respektieren die Entscheidung der irischen Nation“, heißt es in der schriftlich verbreiteten Stellungsnahme, „erinnern jedoch zugleich daran, dass die Erweiterung der EU ein großes politisches und moralisches Unterfangen ist. Die Verantwortung für ihr Scheitern würden alle Europäer gemeinsam tragen.“ In einem Schlusssatz appelliert das Außenministerium an die „Solidarität“ der Europäer, die nun aufgerufen seien, eine Lösung zu finden, um die Erweiterung der Europäischen Union nicht zu gefährden.

Aus Sicht der konservativen Minderheitsregierung in Polen verzögert sich der Beitrittsprozess vor allem deshalb, weil es innerhalb der EU immer wieder zu Streitereien und Unstimmigkeiten kommt. Erst dauerte es ewig lange, bis die EU sich überhaupt zu einer inneren Reform bereit fand. Dann war und ist sie bis heute nicht bereit, den Kandidaten ein festes Beitrittsdatum zu nennen. Vor ein paar Wochen schließlich waren es die Deutschen, die Franzosen und Spanier, die – aus Sicht Polens – ihre eigenen Interessen über das gesamteuropäische gestellt und damit kurzfristig die Verhandlungen blockiert hatten. Und nun also die Iren.

In der rechtskonservativen und regierungsnahen Tageszeitung Zycie heißt es denn auch ganz offen: „Für die polnischen Unterhändler ist das irische Nein ein wahrer Schock, obwohl sie nach außen hin Ruhe bewahren.“ Da es ohne den Vertrag von Nizza keine Osterweiterung geben werde, müsse nun ein neuer EU-Gipfel einberufen werden, um einen Vertrag auszuhandeln, der alle zufrieden stellen werde. Dies könnte die EU-Erweiterung weiter verzögern.

Jacek Pawlicki von der linksliberalen Gazeta Wyborcza hingegen hofft, dass die Iren doch noch davon überzeugt werden könnten, dass ihnen der Beitritt Polens zur EU nicht schaden werde. Die Regierung Irlands müsse eine breite Informationskampagne starten: „Die Iren, mit denen uns so viel verbindet, haben sich uns in den Weg gestellt. Wir glauben, ungewollt. Und wir hoffen, nur für einen Moment.“ GABRIELE LESSER

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