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Atlético schmort weiter in der Hölle

Der zweitklassige Traditionsklub aus Madrid hat den Aufstieg trotz eines 110-Millionen-Mark-Etats verpasst

MADRID taz ■ Es ist nichts weniger als die Hölle, in der Atlético Madrid mindestens noch ein weiteres Jahr schmoren muss. Der Traditionsclub aus Spanien scheiterte am Sonntag knapp am Aufstieg ins spanische Fußball-Oberhaus, mit 74 Punkten endete für die Rot-Weißen die erste Saison in der 98-jährigen Vereinsgeschichte in der zweiten Liga auf Platz vier. Zwar konnte CD Teneriffa auf Rang drei, der hinter den Lokalrivalen Betis und FC Sevilla noch zum Aufstieg berechtigt, auch nicht mehr Punkte sammeln, aber der Inselclub schoss immerhin jene sechs Tore mehr, die am Ende über Freud und Leid entscheiden sollten.

Tränen und Wutausbrüche prägten das Bild von Atlético beim letzten Auftritt in Getafe. Zwar gewannen die Madrilenen gegen die Kicker aus dem Vorort mit 1:0, doch über das Schicksal der Rot-Weißen wurde sechs Kilometer weiter entschieden. Dort trat CD Teneriffa in Leganés an, und auch hier füllten die Fans von Atlético das Stadion, um die Heimmannschaft anzufeuern. Zudem hatte Atléticos zwielichtiger Präsident Jesús Gil dem Leganés-Team über eine Million Mark versprochen, falls Teneriffa Punkte lassen würde. Doch die Rechnung ging nicht auf: Auch die Insulaner verließen Madrids Vorstadt mit einem 1:0 – und zogen damit an Atlético vorbei.

Den Aufstieg hatten die Madrilenen freilich schon in der Hinrunde verspielt. Sieben der 21 Spieltage stand Atlético gar auf einem Abstiegsplatz – und das mit einem Etat von 110 Millionen Mark. Die Mannschaft wirkte häufig orientierungslos: Kaum hatte die Saison begonnen, drohte Stürmer Kiko bereits damit, nach Italien zu gehen. Nur mit viel Mühe gelang es Präsident Gil, den Atlético-Star bis zum Ende der Spielzeit zu halten. Auch die Einkäufe in der Winterpause stärkten die Mannschaft nur wenig. So ging die ohnehin schon spät eingeläutete Aufholjagd nicht ohne Einbrüche über die Bühne, unter anderem verloren die Rot-Weißen vor zwei Monaten gegen den Tabellenletzten Lleida. Trainer Marcos Alonso kostete dies den Job, der Coach der zweiten Mannschaft, Carlos Cantero, nahm seinen Platz ein – und gewann alle restlichen Partien. Vergebens!

In der nächsten Saison soll sich nun Trainer Luis Aragonés der Rot-Weißen annehmen, der in dieser Saison Außenseiter Real Mallorca in die Champions League geführt hat. Der 62-Jährige ist kein Unbekannter im Stadion am Manzanares. Elf Jahre trug er einst selbst das rot-weiße Trikot, später saß er acht Jahre als Trainer auf der Bank. Seine Verpflichtung machte Präsident Gil bereits vor dem verpatzten Aufstieg perfekt. „Ich liebe schwierige Aufgaben“, kommentierte Aragonés dies damals.

Vor einer solchen steht auch der Präsident selbst, unter Polizeischutz musste Gil am Sonntag das Stadion verlassen. Seit Monaten fordern die Fans seinen Rücktritt, doch der Mann, der den Club 1987 in eine Aktiengesellschaft umwandelte, an der er selbst die Mehrheit hält, will davon nichts wissen. „Ich werde weitermachen“, wiederholt er sich. Doch da haben auch die Richter noch ein Wörtchen mitzureden: Gil soll 1987, als er den Club erstand, kräftig getrickst haben. Dafür fordert die Staatsanwaltschaft nun 17 Jahre Haft und die Versteigerung von Atlético Madrid. REINER WANDLER

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