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Mehr UN im Kongo

Sicherheitsrat politisiert UN-Blauhelmmission: Polizeiberatung und Hilfe bei Entwaffnung von Milizen

BERLIN taz ■ Solange es sie gibt, wird die UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo kritisiert: Die „Monuc“ sei für eine effektive Lösung des Kongo-Konflikts mit seinen unzähligen Kriegsparteien viel zu klein und zahnlos. Aber am Freitag brauchte der UN-Sicherheitsrat nur zwei Minuten, um in der einstimmig angenommenen Resolution 1355 die bisher ausschließlich passive Monuc in den Embryo einer politischen Parallelmacht für den Kongo zu verwandeln.

Nicht nur wird die Sollstärke der derzeit 2.366 Mann umfassenden Kongo-Mission von 3.000 auf 5.537 erhöht – die ursprünglich vorgesehene Zahl, die nach der internationalen Euphorie über die Ermordung Laurent Kabilas fallen gelassen worden war. Zum ersten Mal wird der Kongo-Mission auch eine „zivile Polizei“ hinzugefügt, die laut dem der Resolution zugrunde liegenden Bericht von UN-Generalsekretär Kofi Annan langfristig „die lokalen Behörden bei der Übernahme ihrer Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung beraten und unterstützen“ soll. Dies soll das absehbare „Sicherheitsvakuum“ im Kongo nach dem gewünschten Abzug der ausländischen Armeen füllen. Bisher fühlte die UNO sich für den Schutz von Zivilisten im Kongo nicht zuständig.

Zugleich soll die Monuc sich jetzt erstmals direkt mit dem Problem befassen, das den größten Stolperstein im Kongo-Friedensprozess darstellt: Die Lokalisierung, Entwaffnung und Demobilisierung der vielen irregulären Milizen im Kongo – hauptsächlich sind dies ruandische Hutu-Milizen. Die UN-Blauhelmtruppe soll jetzt laut Resolution „auf Anfrage und innerhalb ihrer Möglichkeiten die frühe Umsetzung auf freiwilliger Grundlage einer Entwaffnung, Demobilisierung, Repatriierung und Reintegration bewaffneter Gruppen unterstützen“.

Kofi Annan hatte in seinem Bericht 40 UN-Beobachter dafür für ausreichend gehalten. Dies beruhte auf der Einschätzung einer UN-Delegation, die im Mai die Region bereiste, wonach das Problem der bewaffneten Gruppen von den Präsidenten Kongos und Ruandas, Joseph Kabila und Paul Kagame, gelöst werden müsse. Der UN-Sicherheitsrat bereitet sich nun aber darauf vor, die Umsetzung einer von Kabila und Kagame auszuhandelnden Lösung zu garantieren.

Einen eher idealistischen Entwurf dafür verabschiedete das „Gemeinsame Militärkomitee“ der im Kongo kriegführenden Länder, in dem Probleme des Friedensprozesses beraten werden, am 19. Mai. Er sieht eine freiwillige Entwaffnung der Milizen innerhalb eines Jahres vor. In designierten Gebieten sollen sich die Milizionäre sammeln und ihre Waffen abgeben. Sie werden dann entweder amnestiert und erhalten Hilfe zum zivilen Neuanfang, oder sie werden verhaftet und dem UN-Völkermordtribunal für Ruanda zugeführt.

Diese Überlegungen begründen auch die Forderung der Resolution 1355 an die von Ruanda unterstützte kongolesische Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die größte von ihr gehaltene Stadt Kisangani zu demilitarisieren und der Monuc zu übergeben. Diese soll ihre Präsenz in der Regenwaldstadt am Oberlauf des Kongo-Flusses verstärken. Annans Bericht, der der Resolution zugrunde liegt, schlägt vor, dass aus Kisangani die Entwaffnung von Milizen im Osten des Kongo koordiniert werden könnte. Eine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen aus Kisangani hatte unlängst verlangt, die Stadt unter UN-Verwaltung zu stellen und sie dann zum Sitz des angestrebten „nationalen Dialogs“ zwischen allen politischen Kräften des Kongo zu machen.

DOMINIC JOHNSON

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