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Ungarn bevorzugt

Parlament in Budapest sichert Ungarn in den Nachbarstaaten besondere Rechte zu. Protest der EU

BUDAPEST taz ■ Das Parlament in Budapest hat am Dienstag mit großer Mehrheit ein Gesetz zur Förderung der Auslandsungarn verabschiedet. Das Gesetz gewährt den ungarischen Minderheiten, die in den Nachbarländern leben, eine Reihe von Sonderrechten in Ungarn selbst. Für das so genannte Statusgesetz stimmten 306 Abgeordnete, 17 waren dagegen, acht enthielten sich. Ungarns Nachbarländer Rumänien und die Slowakei kritisierten das Gesetz scharf, die Europäischen Union meldete ebenfalls Bedenken an.

Das Statusgesetz, das ab 1. Januar nächsten Jahres in Kraft tritt, gilt für rund drei Millionen Ungarn in Slowenien, Kroatien, Jugoslawien, der Slowakei, der Ukraine und Rumänien. Es sieht zahlreiche Rechte für die Auslandsungarn vor, darunter eine schnelle, unbürokratische Einreise nach Ungarn, ein dreimonatiges Arbeitsrecht pro Jahr sowie Vergünstigungen im Kultur-, Gesundheits-, Bildungs- und öffentlichen Transportbereich.

Diese Privilegien wird ein so genannter Nationalbürger-Ausweis bescheinigen. Für die Vergabe dieser Ausweise werden in Ungarns Nachbarländern informelle Gremien ins Leben gerufen, denen ungarische Minderheitenpolitiker, Kirchenvertreter und andere öffentliche Personen der Minderheit angehören. Vor einer solchen Kommission müssen sich Antragsteller unter anderem zum Ungarntum bekennen und ungarische Sprachkenntnisse unter Beweis stellen. Aufgrund einer schriftlichen Empfehlung der betreffenden Kommission wird der jeweils fünf Jahre gültige Nationalbürger-Ausweis von ungarischen Behörden ausgestellt.

Vor allem die Regierungen Rumäniens und der Slowakei haben scharfe Kritik an dem Gesetz geäußert. Die beiden Länder, in denen mit 2,2 Millionen der größte Teil der Auslandsungarn lebt, sehen ihre staatliche Souveränität verletzt. Ungarn habe ohne Konsultationen ein Gesetz verabschiedet, das sich auf die Bürger eines anderen Landes beziehe, kritisierte Rumäniens Außenminister Mircea Geoana am Dienstag in äußerst scharfem Ton. Rumänien werde alles tun, um die Anwendung des Gesetzes auf rumänischem Territorium zu verhindern. Rumänien und die Slowakei bemängeln zudem, dass Ungarn die Bürger ihres Landes in zwei Klassen teile und damit geltende Diskriminierungsverbote unterlaufe, etwa der EU. Vertreter der EU und der OSZE haben den EU-Beitrittskandidaten dazu aufgefordert, zusammen mit den Nachbarländern über seine Anwendung zu beraten. KENO VERSECK

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