Venceremos
: Castro wollte es

■ Bremer Müllfirma kooperiert als erster Dienstleister Europas mit Kuba

„Das Politbüro war überzeugt, Fidel Castro war überzeugt“, beginnt Jens Bruns seine Geschichte, „aber dann mußten wir durch die Ministerien.“ Das hat zwei Jahre gedauert. Jetzt wandeln drei waschechte Kubaner auf dem Hof der Entsorgungsfirma Nehlsen, bewundern weiße Mülllaster, auf denen „Ciudad de Havana“ – Stadt Havanna – steht und herzen den Chef von Nehlsen. Als hätte Bruns schon vor Urzeiten beim revolutionären Guerrilla-Kampf oder beim Zigarrenrollen mitgeholfen.

Castro wird immer grauer, der Sozialismus zerbröselt – und jetzt privatisiert Kubas Hauptstadt (drei Jahre nach Bremen!) auch noch seine Müllabfuhr. Und die Vegesacker (580 Millionen Mark Umsatz) sollen dabei helfen. Anfangs sind es erst mal zehn Mülllaster und 1.500 Container, die Nehlsen in das Joint Venture mit der Stadt einbringt. In drei bis vier Stadtvierteln der 2,2-Millionen-City geht es los, natürlich will Nehlsen bald ganz Kuba – besser: die ganze Karibik – blitzblank säubern.

„Wir leben vom Kampf um den Sozialismus“, sagt Havannas Stadtkämmerer (sowas wie Henning Perschau) Pedro Ricardo Rosábal und lobt das kapitalistische Bremen über den grünen Klee: Schönes Wetter hier, und am Flughafen stünden doch glatt Eimer für drei verschiedene Müllsorten. Und die Leute würden ja tatsächlich trennen! Rosábal: „Sowas wollen wir auch.“

„Sicher ist es schwer. Wenn's einfach wäre, würde das ja jeder machen“, sagt Müllguru Bruns. Aber er hat Erfahrung mit schwierigen Partnern: Vor über zehn Jahren baute er schon die Müllabfuhr in Angolas Hauptstadt Luanda auf, dann verschaffte ihm „ein Freund“ Zugang ins archaische Inselreich. Heute sind die Vegesacker der erste europäische Dienstleister, der eine direkte Beteiligung mit den Erz-Kommunisten eingeht. Ein Joint Venture soll gegründet werden, an dem jeder der beiden Partner rund die Hälfte der Anteile hält.

Auf den Lastern, die bald verschifft werden sollen, steht zudem geheimnisvoll „P 24“. „Die 24, das ist meine Zahl“, erklärt Nelson Lara Horta, der Chef der Stadtwirtschaft jovial: „Am 24. 12. bin ich geboren und Nehlsen ist die 24. Firma, mit der wir über das Projekt gesprochen haben.“ Projekt 24: Das heißt für Bruns: „Wir haben alle anderen 23 ausgestochen: Japaner, Kanadier, Franzosen.“

Die Kubaner haben große Pläne: Havanna soll müllmäßig „zum Vorbild für ganz Lateinamerika werden“, sagt Lara. Derzeit würden die Mülleimer noch von 450 Müllkutschern mit französischen Lastern aus den 80er Jahren geleert. Das soll sich mit Nehlsen ändern – und dabei keine Arbeitsplätze kosten. Da die deutschen Laster größer sind als die französischen, werden weniger Leute benötigt. Lara: „Kein Problem: Bei uns gibt es keine Arbeitslosen.“

Wenn aus dem gestern unterzeichneten Vorvertrag etwas wird, soll Nehlsen auch noch Know-How für ein Müllheizwerk liefern. Na denn, venceremos: In drei bis vier Jahren soll sich das Projekt für die Bremer rentieren. ksc