: Kommission in der Kritik
Unmut über Hannes Swoboda, den Chef der Schlossplatz-Kommission: Alice Ströver und Thomas Flierl stoßen sich an dessen Äußerungen zum Wiederaufbau des Schlosses. Zuerst Nutzung bereden
von PHILIPP GESSLER
Der Vorstoß blieb zunächst weitgehend unbeachtet – nun regt sich doch zaghaft Widerstand: Vergangene Woche erklärte der Vorsitzende der Kommission Historische Mitte, Hannes Swoboda, vor dem Kulturausschuss des Bundestags, in der Expertengruppe zur Gestaltung des Schlossplatzes gebe es eine starke Tendenz zu einem möglichst getreuen Wiederaufbau des Stadtschlosses. Thomas Flierl, PDS-Bundesvorstandsmitglied und ehemaliger Baustadtrat von Mitte, kritisierte, die Vorgehensweise Swobodas sei der Sache nicht förderlich. Man sollte sich an die verabredete Vorgehensweise innerhalb der Kommission halten, zuerst über Nutzungsoptionen für den Schlossplatz zu reden und erst dann über einen möglichen Wiederaufbau des Schlosses. Auch die neue Staatssekretärin für Kultur, Alice Ströver (Grüne), zeigte sich „ein bisschen enttäuscht“ über die Äußerungen Swobodas. Man habe doch bisher noch gar nicht ausreichend über die Nutzung für das Gesamtareal in der Mitte der Stadt gesprochen.
Swoboda hatte vor den Kulturpolitikern des Bundestags erklärt: Zwar seien sich alle Mitglieder bewusst, dass das Schloss nicht zu 100 Prozent wiederherstellbar sein, und auch die eifrigsten Verfechter eines getreuen Aufbaus wüssten, dass dies nur mit großen Einschränkungen möglich sei. Dennoch äußerte sich der Vorsitzende bereits über die mögliche Nutzung des Schlossgebäudes als ein Museumsensemble für die Sammlungen außereuropäischer Kulturen aus den Dahlemer Museen, die wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität sowie die Landesbibliothek. Die Kommission sei sich einig darüber, dass eine ausschließlich private oder öffentliche Finanzierung nicht möglich sei.
Das von Bund und Land eingesetzte 17-köpfige Expertengremium will bis Ende des Jahres eine klare Empfehlung zu Nutzung, Gestalt und Finanzierung eines Baus auf dem Schlossplatz geben. Dort stand bis 1950 das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Hohenzollernschloss, das vom SED-Regime gesprengt wurde. Über einen möglichen Wiederaufbau des Schlosses und die Zukunft des asbestverseuchen Palasts der Republik wird seit zehn Jahren gestritten.
Senatssprecher Helmut Lölhöffel verwies auf die Entscheidung des alten Senats, erst nach Abgabe des Kommissionsvotums Entscheidungen zu treffen – dies gelte auch für die neue Stadtregierung. Allerdings versprach Alice Ströver: In den etwa 100 Tagen bis zu den Neuwahlen werde sich die Kulturverwaltung nach Gesprächen mit Kulturstaatsminster Julian Nida-Rümelin (SPD) zumindest zum Thema Schlossplatz äußern.
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