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Berliner Glück im Unglück

Berlin geht als Sieger aus dem neuen Finanzausgleich hervor. Doch das reicht nicht

Klaus Wowereit, der Regierende Bürgermeister, kann aufatmen. Zwar hatte es sich bereits vor den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern angedeutet, doch seit Samstag ist es sicher. Berlin geht als Sieger aus der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs und des Solidarpakts II hervor.

Durch die Neuregelung des Finanzausgleichs kann das Land ab 2005 zusätzlich zu den 5,4 Milliarden Mark mit jährlichen Mehreinnahmen von 170 Millionen rechnen. „Damit hat Berlin Zukunftsperspektiven“, freute sich gestern der Regierende Bürgermeister. Finanzsenatorin Christiane Krajewski sagte: „Wir sind nicht überbordend jubelnd, aber wir sind schon zufrieden.“

Die gute Nachricht lautet also: Die Berliner Haushaltslage ist nicht noch dramatischer geworden. Die schlechte Nachricht dagegen heißt: Sie ist an Dramatik ohnehin nicht mehr zu überbieten. Das war auch der Tenor bei der Sitzung des Stadtforums am Freitagabend. „Wege aus dem Abgrund – Strukturelle Antworten auf die aktuelle Finanzkrise“ lautete der Titel, und da traf es sich ganz gut, dass auch Dieter Vesper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf dem Podium saß.

Mit seinem jüngsten Bericht zur Berliner Finanzlage hatte Vesper bereits vergangene Woche nachgewiesen, dass die Krise alles andere als „aktuell“ ist. „Selbst bei einer Fortsetzung der Konsolidierungsanstrengungen“, wiederholte er im Stadtforum, „wird Berlin bis 2005 auf ein jährliches Defizit von 5 Milliarden Mark kommen, ohne dass wie bislang in größerem Umfang Landesvermögen verkauft werden könnte.“

Hinzu komme, dass die jährlichen Zinszahlungen des Landes infolge des 4-Milliarden-Mark-Kredites für die Bankgesellschaf Berlin ab 2002 auf bis zu 500 Millionen Mark steigen. „Die Zinssteuerquote beliefe sich auf 30 Prozent und wäre so hoch wie in keinem anderen Land“, so Vesper. Im Klartext heißt das: 30 Pfennig jeder eingenommenen Mark gehen sofort in den Zinsdienst, ohne dass dafür auch nur eine Mark an Schulden zurückgezahlt wäre.

Vesper erneuerte in diesem Zusammenhang seine Feststellung, dass sich Berlin in einer extremen Haushaltsnotlage befinde, aus der es sich ohne Hilfe von außen nicht mehr befreien könne. Vespers Plädoyer für eine Verpflichtung des Bundes blieb jedoch nicht unwidersprochen. Volker Kröning hat als ehemaliger SPD-Finanzsenator in Bremen Vor- und Nachteile der Bundeshilfen aus nächster Nähe miterlebt. Seine Empfehlung an Berlin: „Schaffen Sie es aus eigener Kraft. In Bremen leidet man noch heute darunter, in den haushaltspolitischen Entscheidungen vom Bund abhängig zu sein.“

Aus eigener Kraft will es auch Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) schaffen. Damit ist er sich mit allen Senatoren und auch Vertretern der PDS einig. Doch es zeichnet sich immer mehr ab, dass sich hinter dieser Formel die Hoffnung auf freiwillige Zahlungen des Bundes verbirgt, die weit über den Länderfinanzausgleich und den Solidarpakt II hinausgehen. Das ließ gestern auch Berlins Regierender Klaus Wowereit durchblicken, als er sagte, man werde in weiteren Gesprächen mit Bund und Ländern die Aufgaben und Funktionen der Bundeshauptstadt bestimmen.

Das soll wohl so viel heißen wie: Wir versuchen es erst im Guten, nach Karlsruhe können wir immer noch ziehen. Dass das Bundesverfassungsgericht Berlin eine extreme Haushaltsnotlage attestieren und damit die Voraussetzungen für die Pflicht des Bundes zur Haushaltshilfe in Berlin schaffen würde, gilt bei immer mehr Experten inzwischen als sicher. UWE RADA

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