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PDS spart am besten

Gregor Gysi und Harald Wolf geben sich knauserig. Überraschend hat die PDS von allen Parteien die umfassendsten Sparvorschläge unterbreitet

von UWE RADA

Privatisierung bei den Wohnungsbaugesellschaften oder Straffung der öffentlichen Verwaltung – das sind keine Vorschläge aus der fiskalischen Waffenkammer einer eisernen Sparlady oder eines christdemokratischen Deregulierers. Das sind die Worte von Gregor Gysi, dem Spitzenkandidaten der PDS für die Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus. Sparen, privatisieren, Abbau von Subventionen? „Mit mir wird das gehen“, sagt Gysi im taz-Interview. „Und die PDS in Berlin hat schon länger entschieden, diesen Weg zu gehen.“

Während Gysi über allgemeine Eckdaten und ein Bekenntnis zum Erhalt der drei Berliner Opernhäuser nicht hinauskommt, werden seine Berliner Genossen bei ihren Sparplänen durchaus konkret. So fordert der Berliner PDS-Fraktionschef und Haushaltsexperte Harald Wolf unter anderem die Streichung der Eigenheimzulage und die Aufhebung der Berliner Sanierungsgebiete. Selbst dem Fußballbundesligisten Hertha BSC will Wolf an den Kragen.

Wolfs Sparvorschläge sind nur einige vonseiten der PDS, die der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe zusammengetragen hat. Auf insgesamt 3,2 Milliarden Mark belaufen sich die Einsparvorschläge der demokratischen Sozialisten. Es scheint, als hätte die Kandidatur eines Regierenden Sparkommissars die Berliner PDS in ihrem Konsolidierungswillen geradezu beflügelt. Die anderen Parteien bleiben nämlich weit zurück: Die Grünen kommen gerade einmal auf 2 Milliarden, die SPD auf 1,8 Milliarden und die CDU auf 1,3 Milliarden Mark.

Bis zum morgigen Dienstag, so will es der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), sollen die Senatoren des rot-grünen Übergangssenats ihre Sparvorschläge auf den Tisch legen. Zusätzlich zum Nachtragshaushalt, den die große Koalition gegen die Stimmen der SPD noch vor der Abwahl Eberhard Diepgens verabschiedet hat, soll nun eine so genannte Nachschiebeliste weiteres Sparpotenzial benennen.

Die größten Einsparmöglichkeiten sehen sowohl SPD und Grüne als auch die PDS im Bereich Inneres und Justiz. So will die SPD 1.100 Stellen im Landespolizeiverwaltungsamt einsparen. Die Grünen wollen in den nächsten drei Jahren sogar 1.500 Polizeistellen sparen, etwa durch die Einführung der Acht-Stunden-Schicht oder die Auflösung der Reiterstaffel. Die PDS will die altersbedingte Fluktuation im öffentlichen Dienst sogar dazu nutzen, 30.000 Stellen abzubauen. Geschätztes Einsparvolumen von PDS und Grünen: 1,55 Milliarden Mark, die SPD kommt auf 1,2 Milliarden, die CDU dagegen nur auf 369 Millionen.

Ganz anders sieht es dagegen im Bereich Jugend, Schule und Soziales aus. Während die CDU hier durch die Privatisierung der Bäderbetriebe und die Zentralisierung der Volkshochschulen 186 Millionen sparen will, macht die SPD überhaupt keine Angaben. Man will noch prüfen. Die PDS will durch mögliche Streichungen der Subventionen für Proficlubs wie Hertha und Alba sowie die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen statt in Sammelheimen 130 Millionen sparen. Die Grünen kommen bei ähnlichen Vorhaben dagegen nur auf eine Einsparsumme von 44 Millionen Mark.

So konkret die Vorschläge bei den einzelnen Fraktionen auch sein mögen, bei den Spitzenkandidaten gerät die Finanzpolitik zunehmend in den Hintergrund. Während Gysi immer wieder auf Visionen für Berlin zu sprechen kommt, ohne diese allerdings beim Namen zu nennen, äußert sich der CDU-Kandidat Frank Steffel überhaupt nicht mehr zur Finanzpolitik seiner Partei. In seinem jüngsten Interview im Tagesspiegel antwortete er auf die Frage, was er als Regierender als Erstes tun würde: „Eine schwierige Frage, über die ich mir, ehrlich gesagt, noch keine Gedanken gemacht habe.“

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