: Immer für eine Überraschung gut
Erst sorgte Peter Porsch mit seinen Thesen zum Mauerbau für Wirbel. Jetzt gab er den PDS-Parteivorsitz in Sachsen ab
Peter Porsch ist unerwartet als Landesvorsitzender der PDS in Sachsen zurückgetreten. Auf der Vorstandssitzung am Montagabend übergab er die Amtsgeschäfte an seine Stellvertreterin Cornelia Ernst. Zur Begründung sagte Porsch gestern in Dresden, er wolle sich stärker auf seine Aufgabe als PDS-Bundesvize und Fraktionschef im sächsischen Landtag konzentrieren. Als weiteren Grund nannte er die Ergebnisse der Kommunalwahlen vom Sonntag. Es habe sich gezeigt, dass „Mehrheiten links von der CDU“ möglich seien. Von der PDS müssten jetzt „alle personellen Ressourcen aufgeboten werden, um diese Wechselstimmung bis zur Landtagswahl zu erhalten“.
Für Überraschungen war der 1944 in Wien geborene Peter Porsch schon immer gut. So reiste er in den Sechzigern als fescher junger Hockeyspieler ins thüringische Ostland nach Jena, verliebte sich und nahm dafür fortan die DDR in Kauf.
In Berlin studierte er Germanistik und Politologie, promovierte dort 1972 und riskierte dafür den „Kulturschock“ von Bulette, Bockwurst und Schnitzel, wie er sagt. Habilitiert hat sich Porsch dann schon in Sachsen an der Leipziger Universität. Sein Spezialfach: Dialektologie und Soziolinguistik. Doch seine Wiener Herkunft ist nach wie vor unüberhörbar und gab der CDU im sächsischen Landtag mehrfach Gelegenheit, in chauvinistischer Weise über seine nichtsächsische Sprache zu spotten.
In die SED war Porsch 1982 eingetreten. Ihrer Nachfolgepartei blieb er treu und wurde schon 1991 sächsischer Landesvorsitzender. Seit 1994 ist er auch PDS-Fraktionschef. Bundespolitische Ambitionen, die man ihm schon lange nachsagte, ließen sich im September mit dem stellvertretenden PDS-Bundesvorsitz verwirklichen. Mit flotten Sprüchen und gewagten Thesen vermochte der eloquente Redner stets die Presse zu füttern und seine Genossen zu verblüffen. Mal fand er das christliche Paradies sympathischer als das kommunistische, mal plädierte er für einen Sozialismus ohne Ideologie.
Vor zwei Wochen dann sorgte Porsch mit seinen Thesen zum Mauerbau vor 40 Jahren für Aufsehen – und Empörung. Möglicherweise als Reaktion auf die Entschuldigungsrituale der PDS-Parteispitze kehrte Porsch zur alten SED-Interpretation vom Mauerbau als friedenssichernder Maßnahme zurück. Sein überraschender Rücktritt als Landesvorsitzender wird mit der mangelnden Unterstützung des Landesverbandes für diese Thesen in Verbindung gebracht.
Porsch hatte allerdings diesen Rückzug schon vor längerer Zeit angekündigt. Als Begründung müssen nun die Erfolge bei den Kommunalwahlen herhalten, die angeblich frisches und aussichtsreiches Personal erforderten. Mit der Terminwahl schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Er führt Kurt Biedenkopf und der CDU außerdem vor, wie man auf klassische Weise eine NachfolgerIn installiert. Seine Favoritin Cornelia Ernst soll beim Landesparteitag im November mit einem Amtsbonus in die anstehende Wahl gehen. Diese Präferenz richte sich gegen niemanden, sagt Porsch, und solle vielmehr mögliche Gegenkandidaten herauslocken. Unumstritten ist sein Schachzug parteiintern nicht. Ein Schlag gegen die ambitionierte Bundestagstagsabgeordnete Barbara Höll, wird intern gemunkelt. Und Porsch selbst wolle sich wohl den Rücken für höhere Weihen in Berlin freihalten. MICHAEL BARTSCH
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