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„Früher hieß das: Eingriff in die Grundrechte“

US-Energieministerium erklärt ein in Australien entwickeltes kostengünstiges Verfahren zur Anreicherung von Uran zur Verschlusssache

BERLIN taz ■ Das Energieministerium der USA (DOE) hat ein in Australien entwickeltes Verfahren zur Anreicherung von Uran zur Geheimsache gestempelt. Mit Schreiben vom 19. Juni 2001 verfügte das DOE, dass bestimmte Informationen eines Prozesses zur Isotopentrennung mit Hilfe von Lasergeräten (Silex-Verfahren) als Verschlusssache behandelt werden müssen. Das berichtete gestern die „Federation of American Scientists“ (FAS).

Das Anreicherungsverfahren wurde von dem australischen Unternehmen Silex Systems in Kooperation mit dem US-Unternehmen USED entwickelt. Die US-Firma wollte das Verfahren übernehmen und Brennstoffe für AKW herstellen. Mit der Geheimhaltung wird der Informationsaustausch zwischen beiden Unternehmen untersagt.

Im Vergleich zu herkömmlichen Anreicherungsverfahren ist der Silex-Prozess nicht nur effizienter, er ist auch kostengünstiger. Das Verfahren erlaubt einen hohen Anreicherungsgrad. Das spaltbare Produkt kann als Brennstoff in Atomkraftwerken eingesetzt werden – aber auch zum Bau von Atomwaffen dienen. Mit dieser Waffentauglichkeit begründet das DOE, dass Prozesselemente im „nationalen Interesse“ geheim gehalten werden müssen. Nach Angaben der Wissenschaftlerinitiative FAS handelt es sich bei dieser Anordnung um einen „höchst ungewöhnlichen“ Eingriff in die Grundrechte, der in der Vergangenheit als Verstoß gegen die Verfassung gewertet wurde. Nach US-Recht können Informationen nur dann als geheim eingestuft werden, wenn sie sich entweder im Besitz der Regierung befinden, von ihr hergestellt wurden oder unter ihrer Kontrolle gehalten werden. Eine Ausnahmeregelung bildet aber der Atomic Energy Act aus dem Jahre 1951, in dem alles zur Verschlusssache erklärt wird, das in einem Zusammenhang mit der Entwicklung von Atomwaffen steht – unabhängig davon, wer diese Informationen besitzt. Sie gelten danach generell als schutzwürdig, es sei denn, sie werden ausdrücklich freigegeben. 1971 wendete die US-Regierung dieses Gesetz an, um das Erscheinen eines Artikels mit dem Titel „Das Geheimnis der Wasserstoffbombe“ zu verhindern. Der Bericht sollte angeblich geheime Informationen enthalten.

Wie die FAS-Initiative weiter berichtet, erfolgte die Klassifizierung der Silex-Technologie nach Angaben des Energieministeriums einvernehmlich. Die Eigentümer beabsichtigten nicht, die Verfügung vor Gericht anzufechten. WOLFGANG GAST

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