: „Beethoven haben wir leider nicht“
■ Ticket-Konkurrenzkampf treibt Blüten: Karten für das Domchor-Konzert in der Glocke gab es in der Glocke nicht / KPS-Konkurrent „qivive“ erwägt Klage
Für die Aufführung von Beethovens 9. Sinfonie durch den Domchor, die Kammersinfonie und den Tokyo Metropolitan Freude Choir heute Abend in der Bremer Glocke konnte man in der Glocke selbst im Vorverkauf keine Karten bekommen. Das ist die für KonzertbesucherInnen spürbare Folge des Konkurrenzkampfes im Bremer Kartenvertrieb. Die Konzertmanagement-Abteilung des Sankt-Petri-Doms hat die Karten über die „qivive nord GmbH“ vertrieben. „qivive“ (sprich: kiwif) ist der Hauptkonkurrent des Bremer Konzertunternehmers Klaus-Peter Schulenberg.
Seit dem von SPD und CDU beschlossenen Verkauf der städtischen Anteile am Ticket Service Center (TSC) gelten im Ticketgeschäft neue Regeln: In der Glocke und in der Stadthalle steht jetzt das KPS-System, und ab diesem Wochenende müssen Veranstalter 30 Prozent der über Computersysteme vertriebenen Karten in Schulenbergs „cts eventim“ einfüttern. Besonders diese 30-Prozent-Quote sorgt unter VeranstalterInnen für Ärger. Schulenbergs Konkurrent „qivive“ schließt sogar eine Klage nicht aus. „Wir prüfen das zurzeit“, sagte eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage.
Mit einem Sprung zurück in die „Steinzeit“ des Kartenvertriebs ziehen sich Veranstalter wie der Dom und „qivive“ an Konzertabenden jetzt aus der Affäre. Für die Abendkasse zum heutigen Beethoven-Konzert in der Glocke will „qivive“ eigens einen Verkaufsstand im Foyer aufbauen. Weil die Firma in der Glocke laut TSC-Vertrag nicht auf ihr elektronisches Vertriebssystem mit den praktischen Saalplänen zugreifen darf, werden zuvor ausgedruckte Karten verkauft. Immerhin darf die Abendkasse ins Foyer und muss nicht vor der Tür aufgebaut werden. Ob das in der Stadthalle auch gehen wird, ist noch nicht klar. „Aber notfalls stellen wir auch einen Container davor auf“, sagte die „qivive“-Sprecherin.
Die meisten Konzertveranstalter fahren eine Doppelstrategie. Sie verkaufen ihre Karten sowohl über „qivive“ als auch über Schulenbergs „cts-eventim“, zu der jetzt auch das Bremer TSC gehört. Doch dem Vernehmen nach liegen die Sympathien eindeutig bei „qivive“. Die Firma verkauft Konzertkarten außer in vielen Reisebüros auch in den Weser-Kurier-Häusern sowie in den Filialen der Bremer Touristik Zentrale (BTZ) am Bahnhof, auf dem Liebfrauenkirchhof und an der Schlachte.
Die KundInnen der Glocke sollen von dem Konkurrenzkampf so wenig wie möglich spüren. Auf die Frage nach Karten für heute Abend muss die sehr freundliche Mitarbeiterin der Glocke-Kartenverkaufsstelle zwar passen, aber sie gibt ohne zögern die Telefonnummer 36 36 36 „der anderen Vorverkaufsstelle“ weiter. ck
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