: Grüne wollen roten Oktober
Die Bündnisgrünen schlagen im Streit um den Wahltermin einen Kompromiss vor: Urnengang könnte am 7. oder 14. Oktober stattfinden. CDU und SPD beharren noch auf ihren Positionen
von PHILIPP GESSLER und RICHARD ROTHER
Die Grünen sind gestern im Streit um den Wahltermin einen entscheidenden Schritt auf die CDU zugegangen. Als Kompromiss schlugen sie den 7. oder 14. Oktober als Termin für die vorgezogenen Neuwahlen vor, während die SPD weiter am 23. September oder davor und die CDU am 21. Oktober festhalten. „Niemand versteht, dass so lange um wenige Wochen gefeilscht wird“, erklärten gestern die Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz und Parteichef Till Heyer-Stuffer. Der 23. September sei und bleibe der beste Termin. „Wenn die CDU sich jedoch weiter bockig stellt, dann sind wir bereit zum Kompromiss.“ Auch die PDS ist bereit, über Temine nach dem 23. September zu reden. „Dazu muss die CDU aber mal einen anderen Vorschlag machen“, so PDS-Fraktionschef Harald Wolf gestern.
Bei dem Wahlterminstreit hat letzlich die CDU-Fraktion das letzte Wort. Für vorgezogene Neuwahlen müsste sich das Parlament mit Zweidrittelmehrheit auflösen. Dafür werden die Stimmen der Union gebraucht. Nach den neuesten Umfragen könnte es nach der Neuwahl für SPD und PDS zu einer rot-roten Mehrheit reichen.
SPD-Landeschef Peter Strieder forderte gestern zwar noch einmal CDU-Chefin Angela Merkel auf, sich für einen frühen Wahltermin stark zu machen. Dennoch zeichnet sich ab, dass auch die Sozialdemokraten einen Termin nach dem 23. September akzeptieren könnten, den nach einer Meinungsumfrage immerhin 56 Prozent der Berliner fordern: Noch in der ersten Wochenhälfte will sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) zwecks Terminabsprache für die Wahlen treffen.
Unter der Hand weicht die offizielle Version mittlerweile unter den Sozialdemokraten langsam auf: Einen späteren Wahltermin als den 23. September hält mancher für nicht ungünstig, um Wowereit in der Stadt bekannter zu machen. Während der 7. Oktober als früherer Nationalfeiertag der DDR als nachteilig betrachtet wird, erscheint es möglich, dass man sich auf den 14. Oktober als Kompromiss einigt. Eine Einigung, so heißt es, müsse möglichst schnell her, da in der Stadt wegen des Terminstreits schon wieder die Stimmung in Richtung „typisch Politiker“ gehe.
Auch Sibyll Klotz sagte gestern, die „politisierte Stimmung“ in der Stadt schlage angesichts des Wahlterminstreits in Unmut über die Politiker um. Beide Termine der großen Fraktionen seien mittlerweile „nicht durchsetzbar“.
Inoffiziell hieß es bei den Grünen, für die SPD gehe es bei der Diskussion um den Wahltermin auch um eine Machtfrage: Nachdem man sich in der großen Koalition jahrelang immer als kleinerer Partner habe ducken müssen, gehe es für die Sozialdemokraten nun darum, ihr Gesicht zu wahren und nicht erneut den Wünschen der CDU zu folgen. Der wahrscheinlichste Termin für die SPD werde deshalb der 14. Oktober sein.
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