: Einfache Unkenntnis
■ Kommission: Behinderte Menschen werden immer noch diskriminiert
Im Kampf für ein Gleichstellungsgesetz hat die Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG) politische Unterstützung gefunden: Der Regenbogen hat nun den von der LAG erarbeiteten Entwurf zur kommenden Bürgerschaftssitzung eingereicht. Heute stellen Regenbogen und LAG-Vertreter den Gesetzentwurf gemeinsam vor.
Insbesondere soll es nicht folgenlos bleiben, wenn Behinderte diskriminiert werden. Ein Gleichstellungsgesetz würde ihnen konkrete Möglichkeiten geben, ihre Rechte einzuklagen (taz hamburg berichtete). Denn seit 1994 steht zwar im Grundgesetz, niemand dürfe aufgrund seiner Behinderung diskriminiert werden, aber es gibt viele Ausnahmeregelungen. „Ich kann meckern, aber es passiert nichts“, sagte Gerlef Gleiss von der LAG bei einer ersten Vorstellung des Gesetzentwurfes. Die GAL hatte sich ebenfalls für solch ein Gesetz eingesetzt.
Der Senat redete sich bisher mit dem Hinweis auf die verantwortliche Bundesregierung heraus. Die LAG – und jetzt auch der Regenbogen – fordern dennoch ein Landesgesetz, wie es das beispielsweise in Berlin schon gibt.
Sozialsenatorin Karin Roth hatte zu dem Thema eine Kommission eingesetzt, die Hamburger Gesetze daraufhin überprüft, ob sie Behinderte diskriminieren. Die Experten aus Behörden und von Verbänden haben zwar ihre Ergebnisse längst vorgelegt, aber die Sozialbehörde hat sie bisher nicht veröffentlicht. Der taz liegen sie vor.
Die Kommission kommt zu dem Schluss: „Die hamburgischen Landesgesetze und Vorschriften sind ohne Befund geblieben.“ Allerdings: „Gleichwohl wird festgestellt, dass unter dem Aspekt Berücksichtigung von Interessen behinderter Menschen auch Vollzugsdefizite in der Praxis festgestellt werden.“
Dabei geht es besonders um den Abwägungsprozess in Einzelfallentscheidungen, bei dem immer wieder zu Ungunsten behinderter menschen entschieden würde. Gründe dafür sind neben einfacher Unkenntnis beispielsweise auch übergroßer Respekt vor Fachleuten wie beispielsweise Architekten. Die Kommission empfiehlt Öffentlichkeitsarbeit und Weiterbildung des behördlichen Personals.
Sandra Wilsdorf
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