: Lehrer werden gezweidrittelt
■ Senat legt Streit über Lehrkräfte in Kultureinrichtungen bei. Der Kompromiss beschert löcherigem Kulturetat ein neues Loch
Christine Rüffert kann jetzt doch weiter Festivals organisieren und Filme vorführen. Die studierte Lehrerin und langjährige Mitgeschäftsführerin des Kino 46 wird nach Mitteilung von Rainer Gausepohl, Sprecher des Bildungssenators Willi Lemke (SPD), nicht in den Schuldienst zurückbeordert. Das ist das Ergebnis eines nach zähen Verhandlungen zustande gekommenen Kompromisses zwischen Lemke und Kultursenator Bernt Schulte (CDU) über die im Kulturbereich tätigen LehrerInnen.
Die Filmkennerin Christine Rüffert arbeitet als abgeordnete Lehrerin seit 14 Jahren für das Kommunalkino. Sie gehört damit zu den kaum zählbaren LehrerInnen, die auf 38,5 Stellen in Vollzeit oder bloß stundenweise in der Volkshochschule, der Stadtbibliothek und anderen Kultureinrichtungen tätig sind. Bis heute zahlte das Bildungsressort die Personalkosten in Höhe von rund 3,9 Millionen Mark. Mit einem Senatsbeschluss von gestern soll sich das ab 2002 ändern.
Nach der Entscheidung der Landesregierung werden die 38,5 Stellen fortan auf die Kultureinrichtungen überschrieben. Die Bildungsbehörde übernimmt nur noch zwei Drittel der Kosten und kann für die gesparten 1,3 Millionen Mark neue LehrerInnen einstellen. Schultes Kulturabteilung muss 1,3 Millionen Mark dazubezahlen und erhält einen Jahr für Jahr geringer werdenden Zuschuss vom Finanzsenator. Bereits 2003 muss das Kulturressort nach Angaben seines Sprechers Markus Beyer die Hälfte, also 650.000 Mark, aufbringen.
Aus Sicht Lemkes ist mit dem Kompromiss ein alter Streit vom Tisch. Für die Kultureinrichtungen sind damit jedoch neue Probleme geschaffen worden. So ist dem Vernehmen nach noch unklar, woher aus dem schon jetzt löcherigen Etat das Geld kommen soll. Das gilt auch für die mittlere Zukunft, wenn die LehrerInnen pensioniert werden oder auf anderem Weg ausscheiden. Laut Senatsbeschluss gibt es dann individuelle Bedarfsanalysen. Im Klartext: Dann werden zum Beispiel in der Museumspädagogik nicht mehr „teure“ LehrerInnen beschäftigt, sondern „billigere“ PädagogInnen eingestellt. Doch auch die müssen teilweise aus dem Kulturetat oder von den Einrichtungen bezahlt werden. Wie verlautete, hätte die Kultur nach einem Entwurf vom Ende vergangener Woche noch schlechter abgeschnitten. Stellen wie die von Christine Rüffert im Kommunalkino wären dann ersatzlos weggefallen.
ck
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