piwik no script img

Rasanter Bischof auf Schumis Spuren

Das Bistum Trier will der taz untersagen, den ehemaligen Bischof Spital durch die Wiedergabe eines Gerüchts in die Nähe von Luxusautos zu rücken

BERLIN taz ■ Ferrari Testarossa – das steht für 390 PS bei 6.300 Umdrehungen pro Minute, eine Beschleunigung von null auf hundert in 5,5 Sekunden – kurzum für Protz und Luxus. Als der italienische Sportwagen 1985 vorgestellt wurde, galt er als Sensation. Daran hat sich bis heute in Deutschlands ältester Stadt, in Trier, anscheinend nichts geändert – zumindest nicht in Kirchenkreisen.

Gestern befasste sich das Berliner Kammergericht mit der spannenden Frage, ob die taz den ehemaligen Trierer Bischof Hermann Josef Spital in die Nähe solch eines Luxusgefährtes rücken darf. Dabei hatte die taz im Dezember 2000 nur ein Gerücht wiedergegeben, das sich hartnäckig in Trier hält: „Dass Spital einmal mit einem sündhaft teuren Ferrari Testarossa von der Polizei gestoppt worden sei: wegen Geschwindigkeitsüberschreitung.“ Per einstweilige Verfügung wollte das Bistum – nicht Spital – der taz diese und andere „herabsetzende“ Behauptungen untersagen.

Der Artikel erschien zu einer Zeit, als das Bistum kurz vor dem Ruin stand. Der Exchef der gemeinnützigen Caritas Trägergesellschaft Trier ctt, Hans Joachim Doerfert, hatte sich über dubiose Beraterverträge persönlich bereichert und wurde zu mehrjähriger Haft verurteilt. Das Bistum Trier, das die Rechtsaufsicht über die ctt hat, musste zur Rettung vor dem Konkurs rund 100 Millionen Mark aufwenden. Der Skandal überschattete die letzten Amtsjahre von Bischof Spital, der aus Altersgründen Anfang des Jahres zurücktrat.

Von den sechs „inkriminierenden“ Behauptungen blieb gestern in der zweiten Instanz nur eine übrig: die über den Ferrari Testarossa. Das Gericht ließ durchblicken, Schwierigkeiten mit der „Bejahung der Betroffenheit“ des Bistums zu haben. Der Anwalt des Bistums jedoch wiederholte gebetsmühlenartig, dass es „ein Unding“ sei, wenn ein Bischof mit einem Wagen identifiziert werde, „der für Leute ist, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld machen sollen“.

Dabei macht der ehemalige Bischof selbst keinen Hehl aus seiner Autoleidenschaft: Für ein Hochglanzmagazin, das ein Privatmann im Trierer Raum über Adlige, Schauspieler und andere „Stars“ herausgibt, posierte Spital 1995 für ein Portät neben einem Alfa 164, der mühelos 220 km/h schafft. In dem Text heißt es über Spital: „Schon seit frühen Kinderjahren faszinierte ihn alles Technische. Daraus entstanden ist sein ausgeprägtes Faible für technisch hochentwickelte Autos bis zur High Tech Stufe.“ Der Anwalt des Bistums musste gestern einräumen, dass Spital damals einen Alfa Romeo gefahren hat. Doch jetzt habe er einen Audi. Dazu muss man wissen, dass der hochmotorisierte Audi in Fachkreisen einem Alfa Romeo als weit überlegen gilt.

Auch in Kirchenkreisen ist Spitals Faible kein Geheimnis: Als er im Januar dieses Jahres seinen 75. feierte, bekam er von den als „vier“ Weisen verkleideten Bischofskaplänen einen roten Ferrari geschenkt – als Modell. Fragt man Taxifahrer in Trier nach Spitals Automarke, heißt es: „Der fährt einen Porsche!“ In zwei Wochen wird geurteilt. BARBARABOLLWAHN DE PAEZ-CASANOVA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen